Vollmachten

Rechtsgrundlagen

Erläuterungen

1.         Ausgangslage

In der Sozialhilfe wird im Rahmen der Fallaufnahme von den Klientinnen und Klienten häufig die Unterzeichnung einer "Generalvollmacht" verlangt. Diese dient dem Sozialdienst dazu, dass er gegebenenfalls bei Dritten zusätzliche Daten und Dokumente einfordern kann. Wenn die Vollmachtserteilung umfassend ist, kann dies aus verfassungsmässiger Sicht problematisch sein.

2.         Pflicht zur Vollmachterteilung

Im Kanton Solothurn sind gesuchstellende und leistungsbeziehende Personen gemäss § 17 Abs. 1 Bst. c SG verpflichtet, Behörden und Institutionen zu ermächtigen, soweit erforderlich Auskunft zu erteilen. Damit zählt der Kanton Solothurn zu denjenigen Kantonen, welche die Sozialhilfebehörden ermächtigen, Informationen bei Dritten einzuholen, ohne dies im Einzelnen zu spezifizieren. Bei dieser gesetzlichen Pflicht zur Vollmachterteilung wie auch bei einer privatautonomen Vollmacht stellt sich die Frage, ob die Grundlage genügend bestimmt ist für die Informationsbeschaffung. Dass nur jene Daten erhoben werden dürfen, welche für die Bearbeitung des Sozialhilfegesuchs notwendig sind, ergibt sich im Kanton Solothurn aus der Formulierung "soweit erforderlich". Für den Gesuchsteller ist damit grundsätzlich erkennbar, welche Daten über ihn beschafft werden. Entsprechend geht es genau genommen nicht um eine "Generalvollmacht", sondern um eine "durch ihre Zweckgebundenheit eingeschränkte Vollmacht". Solange die Vollmachtserteilung verhältnismässig ist und keine Gefahr besteht, dass sie verfassungswidrig eingesetzt wird, besteht gemäss Bundesgericht kein Widerspruch zur Bundesverfassung.

3.         Verhältnismässigkeit

Verhältnismässigkeit verlangt, dass jede Massnahme, die in Grundrechte eingreift, ein legitimes öffentliches Interesse verfolgt und überdies geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn („angemessen/zumutbar“) ist. Es besteht gemäss Bundesgericht unzweifelhaft und auch unbestrittenermassen ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass Sozialhilfe nicht aufgrund tatsachenwidriger oder unvollständiger Information zu Unrecht ausgerichtet wird. Es liegt deshalb im berechtigten Interesse der Öffentlichkeit, dass Sozialhilfe nur gestützt auf verlässliche Entscheidgrundlagen ausgerichtet wird. Im Hinblick auf dieses öffentliche Interesse erscheint dem Bundesgericht der mit der Pflicht zur Erteilung der Vollmacht verbundene Eingriff zumutbar. In der Praxis ist eine "Generalvollmacht" zudem geeignet, weil nicht jeder Anwendungsfall vorhersehbar ist. Nach Ansicht des Bundesgerichts ist die Verpflichtung zur Vollmachtserteilung insgesamt eine verhältnismässige Massnahme.

4.         Keine Gefahr der verfassungswidrigen Verwendung

Da in der Sozialhilfe grundsätzlich Personen beschäftigt sind, welche aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage sind, zwischen für den Sozialhilfeanspruch erforderlichen und nicht erforderlichen Informationen zu differenzieren, ist nicht davon auszugehen, dass diese Personen die erteilten Vollmachten sachfremd anwenden werden. Die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung entsprechender Vollmachten scheint laut Bundesgericht als sehr gering. Zudem handelt es sich nicht um eine geheime Datenbearbeitung. Aufgrund des Anspruchs auf Akteneinsicht haben die Betroffenen die Möglichkeit, die Bearbeitung ihrer Akten zu kontrollieren.

5.         Differenzierung in der Praxis

In der Praxis ist zu beachten, dass nur jene Daten erhoben werden, welche für die Bearbeitung des Sozialhilfegesuchs oder im weiteren Fallverlauf sachlich notwendig sind. Entsprechend sind auch keine «Generalvollmachten», welche zur uneingeschränkten Beschaffung von Informationen berechtigen, einzuholen. Zudem ist in erster Linie darauf abzustellen, dass die Klientinnen und Klienten im Rahmen der Mitwirkungspflicht die für die Sachverhaltsklärung notwendigen Daten und Dokumente dem Sozialdienst selber zur Verfügung stellen können.

Rechtsprechung