Gegenseitigkeitsprinzip - Anreize und Gegenleistung

Erläuterungen

1. Grundsätzliches

§ 148 Abs. 2 SG sieht vor, dass Sozialhilfe an Bedingungen und Auflagen geknüpft werden kann, insbesondere darauf

  • aktiv eine Arbeitsstelle zu suchen und zumutbare Arbeit anzunehmen
  • an Sprach- , Fort- und Weiterbildungskursen teilzunehmen
  • sich an der Familienarbeit und Freiwilligenarbeit zu beteiligen
  • Beratungsstellen aufzusuchen und sich notwendigen Behandlungen zu unterziehen
  • Die Geldleistung für einen bestimmten Zweck zu verwenden.

In dafür geeigneten Fällen soll sichergestellt werden, dass nicht (voll) erwerbstätige Klientin­nen und Klienten eine sinnvolle Gegenleistung zur Sozialhilfe erbringen. Dabei ist von einem weiten Begriff der Gegenleistung auszugehen. So kann es sich um eine Beschäftigung im öffentlichen Interesse (z.B. im Rahmen eines Einsatzprogramms bzw. mittels Freiwilligenarbeit), um berufliche Qualifizierungen oder auch um die aktive Teilnahme an nötigen Therapien handeln. Auch eine Kombination von solchen Tätigkeiten ist möglich. Diese sind auf die individuelle Hilfsplanung abzustimmen und zudem auf die Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Aufgaben auszurichten. Zu beachten ist indes, dass es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand ist, unbeschränkt Eingliederungsangebote bereitzustellen. Vielmehr ist es in erster Linie Sache der Hilfesuchenden, sich um die Erbringung von Gegenleistungen zu bemühen und die dazu notwendige Eigeninitiative zu entwickeln.

2. Zielsetzung

In erster Linie soll durch Anreize (seien es positive oder negative) eine Änderung des Verhaltens einer Person bewirkt werden. Im Sinne der Förderung wird einerseits ein Anreiz dafür geschaffen, dass eine unterstützte Person eine Gegenleistung erbringt. Dabei kann es sich um die Teilnahme an einem Integrations- oder Beschäftigungsprogramm, um Freiwilligenarbeit, das Absolvieren einer Therapie oder die aktive Stellensuche handeln. Die Gegenleistung muss für die betroffene Person zumutbar und geeignet sein, ihre Situation zu verbessern. Eine Frage in der praktischen Arbeit ist in diesem Zusammenhang sicherlich, wie die geeignete Massnahme gefunden werden kann. Es gibt viele geeignete Integrationsprogramme, Einsatzmöglichkeiten und Kurse. Eine Hilfestellung für das Finden einer geeigneten Integrationsmassnahme bietet die Übersicht des Amtes für Gesellschaft und Soziales:

https://so.ch/verwaltung/departement-des-innern/amt-fuer-soziale-sicherheit/sozialhilfe/sozialhilferechtliche-arbeitsmarktintegration/

Selbstverständlich ist, dass die betroffene Person in den Entscheidungsprozess einbezogen werden muss. Ist es gelungen, sie entsprechend zu motivieren, tut sie also das, was von ihr erwartet wird, wird sie belohnt. Sie erhält je nach ihrer individuellen Anstrengung gemessen an ihren persönlichen Ressourcen eine Integrationszulage (siehe auch Kapitel "Integrationsmassnahmen / Integrationszulagen") und hat damit mehr Geld zur Verfügung, als wenn sie die Gegenleistung nicht erbringen würde. Es lohnt sich für die unterstützte Person, sich aktiv zu bemühen. Die Ausrichtung von Integrationszulagen ist nur für die Teilnahme an qualifizierenden Integrationsmassnahmen und Ausbildungen möglich. Die Teilnahme an Beschäftigungsprogrammen wird als Gegenleistung für die Sozialhilfeleistungen erwartet und nicht zusätzlich entschädigt.

3. Ausgestaltung

Wird eine Gegenleistung erbracht, so sind die Dauer, das Ziel, die Rechte und Pflichten und die Konsequenzen einer Nichteinhaltung im Rahmen der Fallführung festzuhalten.

Möchte die Sozialbehörde die Eingliederungsmassnahme anordnen und einseitig durchsetzen, muss sie eine entsprechende Auflage erlassen. Da der Erfolg einer Integrationsmassnahme jedoch in hohem Masse von der Motivation, der Lernbereitschaft und dem Veränderungswillen der betroffenen Person abhängt, ist zu empfehlen, zunächst mit sozialarbeiterischen Instrumenten wie dem Hilfsplan zu arbeiten. Verweigert die betroffene Person das Erbringen einer zumutbaren Gegenleistung, welche ihre Lage bzw. jene ihrer Angehörigen verbessern würde, darf im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Hilfe mittels beschwerdefähigem Entscheid auch eine entsprechende Auflage oder Weisung mit gleichzeitiger Kürzungsandrohung erfolgen. Bei deren Nichteinhaltung sind die angedrohten Leistungskürzungen zu verfügen.

4. Anreizsystem

§ 148 Abs. 3 SG sieht vor, dass bei der Bemessung und Ausgestaltung der Sozialhilfe Eigen- und andere Gegenleistungen angemessen zu berücksichtigen sind. Die SKOS-Richtlinien sehen verschiedene Massnahmen zur Förderung von Gegenleistungen vor, insbesondere die materiellen Anreize in Form eines Einkommensfreibetrags oder einer Integrationszulage.

4.1       Integrationszulage

Die Integrationszulage (IZU) soll der individuellen Anstrengung, die die betroffene Person gemessen an ihren persönlichen Ressourcen unternimmt, um ihre Chancen auf eine erfolgreiche berufliche und/oder soziale Integration zu erhalten oder zu erhöhen, Rechnung tragen. Sie ist damit ein bedeutendes Instrument der Sozialen Arbeit, das eine sorgfältige Abklärung der individuellen Möglichkeiten der betroffenen Person erfordert. Im Kanton Solothurn können gemäss § 93 Abs. 1 Bst. g Integrationszulagen nur für die Teilnahme an qualifizierenden Integrationsmassnahmen ausgerichtet werden.   Die IZU beträgt monatlich maximal 200 Franken. Junge Erwachsene erhalten eine Integrationszulage von monatlich maximal 100 Franken, wenn sie eine Berufsausbildung absolvieren (siehe auch Beitrag "Integrationszulagen für Nicht-Erwerbstätige").

4.2       Einkommensfreibetrag

Unterstützten Personen ab 16 Jahren, welche im ersten Arbeitsmarkt ein Einkommen erwirtschaften, wird ein so genannter Einkommensfreibetrag (EFB) gewährt. Der EFB wird in Abhängigkeit des Beschäftigungsumfangs festgelegt und beträgt seit dem 1. Januar 2015 im Kanton Solothurn Fr. 400.00 bei einer 100%-Anstellung und wird bei Teilzeitarbeit entsprechend dem Beschäftigungsumfang reduziert. Selbständig Erwerbenden kann der EFB ausgerichtet werden, soweit die Einkommens- und Vermögensverhältnisse klar sind und sich ihre Situation mit jener von unselbständig Erwerbstätigen vergleichen lässt. Beim EFB handelt es sich um Einnahmen, die im Unterstützungsbudget nicht berücksichtigt werden. Die betroffenen Personen haben damit ein Einkommen, das über ihrem sozialhilferechtlichen Existenzminimum liegt. Sollte eine Betreibung vorliegen, ist der über dem betreibungsrechtlichen Existenzminimum liegende Betrag pfändbar.

5. Verzicht auf Rückerstattung von rechtmässig bezogenen Leistungen

Rechtmässig bezogene Sozialhilfeleistungen, die während der Teilnahme an einer beruflichen oder sozialen Integrationsmassnahme ausgerichtet wurde, müssen nicht zurückerstattet werden. Das Gleiche gilt, wenn die Sozialhilfe mit Gegenleistungen abgegolten wurde (§ 14 Abs. 4 SG).

Schliesslich darf unter Umständen bei Personen, die eine Gegenleistung erbracht haben oder noch erbringen, auch auf das Einfordern von Verwandtenunterstützung verzichtet werden.

Sonderregelungen Asyl

Keine.