Anrechnung von Einkommen
Rechtsgrundlagen
Erläuterungen
1. Grundsatz
Grundsätzlich sind bei der Bemessung von Sozialhilfeleistungen alle verfügbaren Einnahmen einzubeziehen. Zu den Einnahmen gehören insbesondere:
- Erwerbseinkommen
- 13. Monatslohn
- Gratifikationen und einmalige Zulagen
- Praktikums- bzw. Lehrlingslohn
- Erwerbsersatzeinkommen (Taggelder von Sozialversicherungen wie Arbeitslosen-, Kranken-, Unfalltaggelder etc.)
- Renten (wie z.B. AHV-, IV-, BVG-Renten)
- Familienzulagen
- Hilflosenentschädigung
- Unterhaltsbeiträge
- Verwandtenunterstützungsbeiträge
- Alimentenbevorschussung
- Stipendien
- Entschädigungen für die Haushaltsführung
- Konkubinatsbeitrag
- Rückerstattungen aus überschüssigen Akontozahlungen
- Zuwendungen Dritter
- Versicherungsleistungen, soweit sie nicht für den Schadenersatz benötigt werden
Das Einkommen ist zeitkongruent anzurechnen. Vorschüssige Leistungen wie z. B. Renten sind im entsprechenden Unterstützungsmonat anzurechnen. Nachschüssige Leistungen wie z. B. Lohnzahlungen oder Taggelder der Arbeitslosenversicherung werden in die Bedarfsberechnung des Folgemonats aufgenommen.
2. Erwerbseinkommen
Der Nettolohn wird auf der Einnahmeseite grundsätzlich vollumfänglich angerechnet. Auf dem Erwerbseinkommen aus dem ersten Arbeitsmarkt von über 16-jährigen Unterstützten wird aber ein Einkommensfreibetrag gewährt.
Besonderheiten bestehen namentlich in folgenden Fällen:
- Quellensteuer: Unterliegt die unterstützte Person der Quellenbesteuerung, ist der ausbezahlte Nettolohn anzurechnen. Die aus einem allfälligen Erlass zu erwartenden Rückzahlungen sind an die Sozialhilfe abzutreten.
- Unregelmässiges Einkommen: Erzielt die unterstützte Person ein unregelmässiges Einkommen, ist der Sozialhilfeanspruch jeden Monat neu zu berechnen. Entweder werden Vorschusszahlungen geleistet und die Abrechnung erfolgt nach Vorlage der monatlichen Lohnabrechnung oder der Anspruch wird nach Vorlage der monatlichen Lohnabrechnung für den kommenden Monat berechnet und die unterstützte Person erhält die entsprechende Auszahlung. Wenn bei einem unregelmässigen Einkommen noch unklar ist, ob eine dauerhafte Ablösung möglich ist, besteht kein Anspruch, dass ein Überschuss jeweils ausbezahlt wird. Es rechtfertigt sich vielmehr, in diesen Situationen den Betrachtungszeitraum zur Beurteilung der Bedürftigkeit z. B. auf drei Monate zu erweitern und allfällige Überschüsse jeweils auf den Folgemonat zu übertragen. Damit werden Sozialhilfebeziehende auch nicht bessergestellt als andere Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen, welche ebenfalls Reserven bilden für kommende Auslagen.
- Einkommen selbständig Erwerbender: Bei der Berechnung der Nettoeinkünfte sind nicht nur die Sozialversicherungsbeiträge, sondern auch die Erwerbsunkosten wie der übrige Betriebsaufwand in Abzug zu bringen. Dabei ist zu beachten, dass gewisse Kostenanteile (z.B. für Fahrten mit dem öffentlichen Verkehrsmittel im Ortsnetz oder für Nahrungsmittel und Getränke) bereits im Grundbedarf für den Lebensunterhalt enthalten sind. Bei der Ermittlung des Betriebsaufwandes ist bei diesen Kostenanteilen entsprechend nur die Differenz anzurechnen.
2.1. 13. Monatslohn
Der 13. Monatslohn wird im Nettobetrag im Zeitpunkt der Auszahlung angerechnet. Ein aus der Bedarfsberechnung resultierender Überschuss wird in den Folgemonaten angerechnet. Wenn die Anrechnung voraussichtlich länger als 3 Monate dauert, erfolgt sofort (im Zeitpunkt des Eingangs des 13. Monatslohns) die Ablösung von der Sozialhilfe.
2.2. Gratifikationen, einmalige Zulagen
Gratifikationen und einmalige Zulagen werden im Zeitpunkt der Auszahlung angerechnet. Die Anrechnung in den Folgemonaten bzw. die Ablösung von der Sozialhilfe entspricht dem Vorgehen beim 13. Monatslohn (siehe oben).
3. Erwerbsersatzeinkommen
Taggelder von Sozialversicherungen werden im Nettobetrag auf der Einnahmeseite berücksichtigt. Sie dienen wie das Erwerbseinkommen zur (teilweisen) Deckung des Lebensunterhalts des kommenden Monats und sind entsprechend im Budget einzurechnen. Gegebenenfalls ist also eine Person wirtschaftlich zu unterstützen, auch wenn sie Ende Monat Taggelder einer Sozialversicherungsleistung ausbezahlt erhält, denn diese sind als Einnahmen für den Folgemonat anzurechnen.
4. Renten
Renten sind auf der Einnahmeseite voll zu berücksichtigen. Im Unterschied zum Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen werden Renten jedoch nicht nachschüssig, sondern vorschüssig bzw. im Verlauf des Monats, für welchen eine Rentenberechtigung besteht, ausgerichtet. Sie sind daher auf das Budget des laufenden Monats anzurechnen.
5. Hilflosenentschädigung/Intensivpflegezuschlag
Die Hilflosenentschädigung und Intensivpflegezuschlag können als Einnahmen berücksichtigt werden, wenn die Sozialhilfebehörde die Auslagen für die Pflege und Betreuung der betroffenen Person als situationsbedingte Leistungen ins Budget einberechnet. Tut sie dies nicht, darf die Hilflosenentschädigung oder der Intensivpflegezuschlag nicht als Einnahme angerechnet werden. Wird die Pflegeleistung innerhalb einer Unterstützungseinheit erbracht und die unterstütze Person erhält ebenfalls Sozialhilfe, ist die Hilflosenentschädigung oder der Intensivpflegezuschlag in dem Umfang einzurechnen, in dem sie nicht für externe Pflegeleistungen erbracht wird.
(vgl. ZESO Beispiel in Praxishilfe Hinweis: Im Kanton Solothurn kann bei Hilflosenentschädigung oder Intensivpflegezuschlag keine Integrationszulage (IZU) gewährt werden, da gemäss §93 g) SV als Ausnahme zur SKOS nur IZU bei der Teilnahme eines qualifizierenden Arbeitsintegrationsprogrammes gewährt werden kann.)
6. Assistenzbeitrag
Der Assistenzbeitrag kann wie die Hilflosenentschädigung berücksichtigt werden, wenn die Sozialhilfebehörde die Kosten für die Einstellung einer Assistenzperson als situationsbedingte Leistung ins Budget einberechnet. Anderenfalls darf der Assistenzbeitrag nicht als Einnahme angerechnet werden.
7. Betreuungsunterhalt
Mit dem Betreuungsunterhalt (Art. 285 Abs. 2 ZGB) werden die finanziellen Auswirkungen der Betreuung des Kindes durch die Eltern im Sinne von indirekten Kosten berücksichtigt. Der Betreuungsunterhalt steht zwar dem Kind zu, dient aber der Sicherstellung des Lebensunterhalts des (hauptsächlich) betreuenden Elternteils, wenn dieser wegen der Kinderbetreuung keiner oder keiner ausreichenden Erwerbstätigkeit nachgehen und deshalb seinen eigenen Bedarf nicht oder nicht voll decken kann. Deshalb ist der Betreuungsunterhalt - im Gegensatz zum Barunterhalt - als Einnahme des betreuenden Elternteils anzurechnen.
8. Einkommen von Minderjährigen
Einkünfte von Minderjährigen, die mit unterstützungsbedürftigen Eltern im gleichen Haushalt leben, sind im Gesamtbudget nur bis zur Höhe des auf die betreffende minderjährige Person entfallenden Anteils anzurechnen. Dies betrifft sowohl periodische Unterhaltsleistungen als auch Erwerbseinkommen (vgl. SKOS-Richtlinien D.1 Erläuterung c). Mit Bezug auf die periodischen Kindesunterhaltsbeiträge ist aber zu beachten, dass lediglich der Barunterhaltsbeitrag als Einnahme des Kindes anzurechnen ist. Wird dem Kind zusätzlich ein Betreuungsunterhalt zugesprochen, so ist dieser als Einnahme des betreuenden Elternteils zu betrachten.
Auch rückwirkend eingehende, in die Unterstützungsperiode fallende Kinderunterhaltsbeiträge sind, soweit es den Barunterhalt betrifft, ausschliesslich als Einnahmen des Kindes zu verbuchen. Allfällige Überschüsse bilden Kindesvermögen. Bei erwerbstätigen Jugendlichen empfiehlt es sich, ein eigenes Budget zu erstellen. Für einen über den auf die Person anfallenden Anteil hinausgehenden Einbezug des Erwerbseinkommens kann unter Umständen ein Haushaltführungsbeitrag geprüft werden (SKOS-Richtlinien D.4.5). Kann dem Kind zugemutet werden, den Unterhalt aus seinem Arbeitserwerb selbst zu bestreiten, sind die Eltern gemäss Art. 276 Abs. 3 ZGB in dem Mass von der Unterhaltspflicht befreit. In diesem Umfang reduziert sich das Unterstützungsbudget der Eltern (Art. 323 Abs. 2 ZGB).
9. Einnahmen aus online-Verkäufen
Einnahmen aus gelegentlichen Verkäufen von Gegenständen aus dem Besitz der Klientin oder des Klienten (z. B. Haushaltgegenstände, Kinderkleider) unterstehen der Mitteilungspflicht. Sie sind sozialhilferechtlich grundsätzlich nicht relevant, da es sich um die Verwertung von bereits vorhandenem Vermögen handelt. Sollte der Verkaufserlös den Vermögensfreibetrag übersteigen, müsste der Differenzbetrag als Einkommen angerechnet werden.
10. Einnahmen aus bargeldlosen Zahlungssystemen (z.B. TWINT)
Zahlungseingänge in bargeldlosen Zahlungssystemen (z. B. TWINT) unterstehen ebenso der Mitteilungspflicht. Sie sind nicht immer anrechenbare Einnahmen. Häufig werden diese Systeme für Rückerstattungen von ausgeliehenen / bevorschussten Geldern genutzt (Einkäufe, Restaurantbesuch, etc.). Nur wenn regelmässig oder grössere Geldbeträge über diese bargeldlosen Systeme abgewickelt werden, ist eine vertiefte Abklärung notwendig.
Rechtsprechung
Erwerbsersatzeinkommen:
8C_325/2012 Urteil des Bundesgerichts vom 24. August 2012, E.4.4: Die Frage der Anrechenbarkeit von Einkünften und somit auch der Taggelder der Invalidenversicherung stellt sich im sozialhilferechtlichen Sinne so lange, als sich die bedürftige Person in einer Notlage befindet. Eine besondere Problematik ergibt sich bei der Anrechnung von schwankendem Einkommen. Entscheidend ist, für welchen Zeitraum die Bedürftigkeit beurteilt wird. Eine monatliche Prüfung kann je nachdem zu anderen Ergebnissen führen als die Berücksichtigung einer Gesamtperiode. E.4.5: Es ist nicht bundesrechtswidrig und bedeutet insbesondere keine willkürliche Auslegung und Anwendung der Bestimmungen des zürcherischen Sozialhilferechts, wenn die Überschussabrechnung nicht monatlich erfolgt.
Praxishilfen
Praxisbeispiel ZESO 02/2022 Einnahmen aus Verkäufen über Onlinebörsen
Praxisbeispiel ZESO 04/20 Wie ist die Hilflosenentschädigung zu berücksichtigen?
Hinweis zu SKOS-Beispiel 04/24: Im Kanton Solothurn kann bei Hilflosenentschädigung oder Intensivpflegezuschlag keine Integrationszulage (IZU) gewährt werden, da gemäss §93 g) SV als Ausnahme zur SKOS nur IZU bei der Teilnahme eines qualifizierenden Arbeitsintegrationsprogrammes gewährt werden kann.
Praxisbeispiel ZESO 03/23 Wie sind bargeldlose Zahlungseingänge anzurechnen?