Rückerstattung wegen ungerechtfertigter Bereicherung

Rechtsgrundlagen

Erläuterungen

1. Ungerechtfertigte Bereicherung

Geldleistungen, die bspw. infolge eines Irrtums des Sozialdienstes ausgerichtet werden und zu einer unrechtmässigen Bereicherung des Empfängers führen, sind unrechtmässig und müssen zurückerstattet werden. Auch wenn die unterstützte Person keine Schuld trifft, hat sie Leistungen ohne Rechtsgrund bezogen und muss diese zurückerstatten.

Die zuständige Behörde hat zu beweisen, dass sie die Zahlung vorgenommen hat, weil sie irrtümlich der Annahme war, es bestehe ein Anspruch darauf. Unfreiwillige (z.B. durch einen Tippfehler) Leistungen sind ohne Irrtumsnachweis rückforderbar.

Voraussetzung für die Rückerstattung ist, dass die unterstützte Person noch bereichert ist bzw. zwar nicht mehr bereichert ist, sich der Bereicherung aber bösgläubig entledigte oder mit der Rückerstattung rechnen musste. Wenn die unterstützte Person erkennen kann, dass ihr die zuständige Behörde versehentlich eine Zahlung ohne Rechtsgrund geleistet hat, so ist sie rückerstattungspflichtig.

Beispiele:

  • Die unterstützte Person erhält eine Sozialversicherungsrente. Sie hat dies der Sozialbehörde rechtzeitig mitgeteilt. Die Sozialbehörde hat sich jedoch irrtümlicherweise weder die Rentenauszahlung abtreten lassen noch hat sie die Rente als Einnahme ins Budget eingesetzt. Indem die Sozialbehörde beides unterlassen und die wirtschaftliche Hilfe im vollen Umfang ausrichtet, leistet sie der unterstützten Person ohne gültigen Grund zu viel wirtschaftliche Hilfe in der Höhe der dieser zugekommenen Rente.
    Die unterstützte Person hat ihre Meldepflicht nicht verletzt, es liegt somit kein unrechtmässiger Bezug wirtschaftlicher Hilfe vor. Ebenso kommt eine Rückerstattung wegen nachträglich eingehender Sozialversicherungsleistungen (§ 153 Abs. 2 SG) nicht in Betracht, denn die Rentenzahlung erfolgt nicht rückwirkend, sondern im gleichen Zeitraum wie die wirtschaftliche Hilfe.
  • Sozialhilfeleistungen werden versehentlich zweimal ausbezahlt
  • Die Sozialbehörde bezahlt Sozialhilfeleistungen oder Rechnungen Dritter doppelt (an den Gläubiger und an die sozialhilfebeziehende Person).

2. Zuständigkeit und Verfahren

Die Zuständigkeit für die Verfahren betreffend Rückerstattung von unrechtmässig bezogenen Sozialhilfeleistungen liegt ab 1. Januar 2020 bei den Gemeinden (§ 164 Abs. 2quinquies Sozialgesetz [SG; BGS 831.1]), die in diesem Bereich als Sozialregionen organisiert sind.

Für das Verfahren bestehen zwei Varianten, die grundsätzlich gleichrangig sind:

  • Der Abschluss einer Rückerstattungsvereinbarung stellt ein zweckmässiges Instrument dar, um Rückerstattungsfälle auf einvernehmliche, unbürokratische Art abzuwickeln. Die Vereinbarungen sind schriftlich zu treffen und beinhalten die Modalitäten (bspw. Anzahl und Höhe der Ratenzahlungen sowie Zahlungstermine) der Rückerstattung im konkreten Fall. Die Berechnung des Betrags, welcher zurückerstattet werden muss, soll nachvollziehbar aufgeführt werden. Zudem ist das Vorgehen bei Nichteinhaltung der Vereinbarung vertraglich zu regeln. Es ist vorzusehen, dass die Vereinbarung dahinfällt, wenn die Rückzahlungsbedingungen nicht eingehalten werden. In diesem Fall ist anschliessend eine Verfügung zu erlassen (s. sogleich).

    Anlässlich des Abschlusses von Rückerstattungsvereinbarungen müssen die Sozialhilfeempfänger, die regelmässig über wenig juristisches Wissen und oft nur schlechte Deutschkenntnisse verfügen, über deren Tragweite informiert werden, sich zum Vertragsinhalt äussern und Anpassungswünsche anbringen können.

    Anwendungsbereich: Primär in einfacheren Fällen, in welchen es um kleinere Beträge oder eindeutige Falschauszahlungen geht.
     
  • Es kann eine Verfügung erlassen werden. Auch hier sind die Modalitäten der Rückerstattung im konkreten Fall zu regeln. Durch die separate und übersichtliche Auflistung der einzelnen Rechenpositionen soll der Betrag, welcher zurückerstattet werden muss, nachvollziehbar sein.

Anwendungsbereich: Der Erlass einer Verfügung ist v.a. bei komplexeren Sachverhalten und grösseren Summen angezeigt. Wenn eine Einigung nicht möglich ist, bleibt auch in einfacheren Fällen und bei eindeutigen Falschauszahlungen nur der Erlass einer Verfügung.

3. Härtefälle

Gemäss § 164 Abs. 4 SG kann in Härtefällen auf die Rückerstattung ganz oder teilweise verzichtet werden. Ein Härtefall liegt insbesondere vor, wenn die Rückerstattung

  • das Erreichen der individuellen Zielvereinbarungen verhindert
  • die Integration gefährdet
  • aufgrund der gesamten Umstände unbillig erscheint oder
  • unter Berücksichtigung der persönlichen und finanziellen Situation des Betroffenen nicht sinnvoll und zumutbar ist. Dies ist u.a. davon abhängig, ob Zahlungsmodalitäten gefunden werden, welche die Rückerstattung in betraglicher und zeitlicher Hinsicht als tragbar erscheinen lassen

Auch das Verhalten der Sozialhilfe beziehenden Person ist zu berücksichtigen. Gutgläubigkeit spricht eher für einen Härtefall, während grobe Nachlässigkeit oder arglistiges/grobfahrlässiges Verhalten gegen das Vorliegen eines solchen spricht. Die Härtefallprüfung erfordert auf jeden Fall eine Gesamtwürdigung des konkreten Falls. Sie erfolgt auf Gesuch hin oder von Amtes wegen.

4. Schuld- und Verzugszinsen

Bei Rückerstattungsforderungen aufgrund einer ungerechtfertigten Bereicherung ist mangels Fehlverhaltens der betroffenen Person kein Verzugszins geschuldet.

5. Verrechnung

Bei Rückerstattungsforderungen aufgrund einer ungerechtfertigten Bereicherung darf mangels Fehlverhaltens der betroffenen Person keine Verrechnung während laufendem Bezug erfolgen. Dies hat zur Folge, dass die entsprechenden Beträge erst nach Ablösung von der Sozialhilfe zurückgefordert werden können.

6. Verjährung

Die Pflicht zur Rückerstattung verwirkt nach zehn Jahren seit der letzten Leistungszahlung (§ 164 Abs. 5 i.V.m. § 15 SG).

Sonderregelungen Asyl

Keine.