Unbegleitete Minderjährige

Erläuterungen

1.         Allgemeines

Als unbegleitete Minderjährige (UMA) oder «mineurs non accompagnés» (MNA) werden Kinder und Jugendliche bezeichnet, die bei ihrer Einreise in die Schweiz das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, von ihren Eltern getrennt sind – allenfalls in Begleitung von minderjährigen oder volljährigen Geschwistern – und von keiner erwachsenen Person unterstützt werden, welcher die elterlichen Verpflichtungen von Gesetzes wegen oder gewohnheitsrechtlich übertragen worden wären. Für unbegleitete, minderjährige Personen im Asylverfahren werden die Abkürzungen UMA und MNA verwendet.  

MNA sind eine vulnerable, besonders verletzliche Personengruppe. Aufgrund ihres jungen Alters, mangelnder Sprachkenntnisse sowie des Umstandes, dass sie ohne Sorgeberechtigte in der Schweiz sind und im Asylprozess stehen, haben MNA besondere Schutzbedürfnisse. Diese müssen gemäss den Grundsätzen der Kinderrechtskonvention berücksichtigt werden. Der Anspruch von Kindern und Jugendlichen auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und die Förderung ihrer Entwicklung ist auch im Art. 11 der schweizerischen Bundesverfassung festgeschrieben.

2.         Nationales Asylverfahren

Für MNA gelten besondere Verfahrensbestimmungen. Für die Dauer des Asylverfahrens in den Zentren des Bundes nimmt die Rechtsvertretung die Interessen von MNA als deren Vertrauensperson wahr (Art. 17 Abs. 3 AsylG). Asylgesuche von unbegleiteten Minderjährigen werden prioritär behandelt (Art. 17 Abs. 2bis AsylG). Auch die Anhörung wird an die Situation der MNA angepasst. Das SEM kann mit wissenschaftlichen Methoden überprüfen, ob das angegebene Alter dem tatsächlichen Alter entspricht (Art.7 Abs. 1 AsylV 1). Das kommt insbesondere zum Tragen, wenn keine gültigen Ausweispapiere vorhanden sind. Abgesehen von diesen Unterschieden entspricht das Asylverfahren für MNA weitgehend den regulären Verfahren.

In den Bundesasylzentren werden die MNA durch sozialpädagogische Fachleute betreut und getrennt von den erwachsenen Personen untergebracht. Zudem werden weitere Massnahmen wie die Übersetzung von wichtigen Einzelgesprächen und die Begleitung der Übertritte in die Kantone umgesetzt.

3.         Unterbringung, Betreuung und Vertretung im Kanton

Im Kanton Solothurn richten sich die Unterbringung und Betreuung der MNA nach den Empfehlungen der Konferenz der Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK). 

3.1.      Erstunterbringung im kantonalen Durchgangszentrum

In einer ersten Phase werden die MNA im Durchgangszentrum für MNA in Oberbuchsiten untergebracht. Sie leben in geschlechtergetrennten Zimmern für zwei bis vier Personen. Im Zentrum werden sie sozialpädagogisch begleitet. Allen MNA wird dabei eine Betreuungsperson zugeteilt, die für die Fallführung verantwortlich ist. Sie ist die erste Ansprechperson für die MNA. Die Betreuungsperson ist mit der gesetzlichen Vertretung (= Vertrauensperson) und weiteren involvierten Akteuren vernetzt. Im Durchgangszentrum haben die MNA eine stabile Tagesstruktur und werden auf einen Transfer in die Gemeindephase und eine selbstständigere Lebensführung vorbereitet. Am Ende der ersten Phase wird die Wohnform für die zweite Phase festgelegt.

3.2.      Unterbringung in einer Gemeinde

Bezüglich der Unterbringung in einer Gemeinde gibt es in der zweiten Phase verschiedene Möglichkeiten. Ziel ist es, Lösungen zu finden, welche den individuellen Bedürfnissen der MNA Rechnung tragen und ihre Anliegen und Wünsche angemessen berücksichtigen. Weiter hängt die Unterbringungsform vom Alter, Geschlecht, der persönlichen Entwicklung sowie von psychosozialen Faktoren ab. Mögliche Unterbringungsformen sind die Unterbringung bei Verwandten, bei Pflegefamilien, in begleiteten MNA-Wohngruppen und in Sonderfällen in stationären Institutionen. Die Betreuung in der zweiten Phase erfolgt durch das MNA-Coaching. Die MNA werden auf der Basis individueller Zielvereinbarungen und einer entsprechenden Unterstützungsplanung individuell gefördert. Die Ablösung an den Sozialdienst richtet sich nach der individuellen Entwicklung der MNA. Sie erfolgt, wenn die MNA in allen Förderbereichen genügend Fortschritte erzielt und einen hohen Selbstständigkeitsgrad erreicht haben, sie volljährig sind und auf das Coaching verzichten oder wenn sie wegen mangelnder Kooperation vom Coaching ausgeschlossen werden müssen.

Nach der Zuweisung der MNA durch den Bund ernennt der Kanton Solothurn gemäss Art. 17 Abs. 3 AsylG unverzüglich eine Vertrauensperson. Diese nimmt die Interessen der MNA wahr und vertritt sie während der ersten Phase. In der zweiten Phase übernimmt der/die MNA-Coach die gesetzliche Vertretung als Beiständin oder Beistand. Die rechtliche Vertretung im Verfahren wird während beiden Phasen von der Rechtsberatungsstelle für Asylsuchende Solothurn (rebaso) der HEKS wahrgenommen.