Kostentragung für Insassen in Untersuchungs-, Sicherheits- oder ausländerrechtlicher Haft

Erläuterungen

1. Allgemeines

Wenn Personen im Rahmen einer Strafuntersuchung (Untersuchungs- und Sicherheitshaft) oder wegen einer ausländerrechtlichen Haft inhaftiert werden müssen, befinden sie sich weder im Straf- noch im Massnahmenvollzug. Da diese Unterscheidung im Zusammenhang mit der Zuständigkeit für die Kostentragung wichtig ist, wird für die Personen in Untersuchungs-, Sicherheits- und ausländerrechtlicher Haft ein separates Kapitel erstellt.

Definitionen

Untersuchungshaft:

Die Untersuchungshaft ist eine verfahrenssichernde Massnahme im Rahmen einer Strafuntersuchung. Sie darf vom Haftgericht nur angeordnet werden, wenn der Angeschuldigte eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtigt wird und ausserdem Flucht-, Verdunklungs- oder Wiederholungsgefahr besteht; sie ist auch zulässig, wenn ernsthaft zu befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen (Art. 221 StPO).

Sicherheitshaft:

Ist die Strafuntersuchung abgeschlossen, wird das Verfahren entweder eingestellt oder es wird Anklage erhoben. Im letzten Fall kann der Angeschuldigte bis zur Verhandlung in Sicherheitshaft versetzt werden. Als Sicherheitshaft gilt die Haft während der Zeit zwischen dem Eingang der Anklageschrift beim erstinstanzlichen Gericht und der Rechtskraft des Urteils, dem Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion, dem Vollzug der Landesverweisung oder der Entlassung (Art. 220 Abs. 2 StPO). Die Sicherheitshaft kann unter den gleichen Voraussetzungen wie die Untersuchungshaft angeordnet werden (Art. 221 StPO).

Ausländerrechtliche Haft:

Unter den Begriff ausländerrechtliche Haft fallen die Vorbereitungs-, Ausschaffungs- und Durchsetzungshaft. Personen in ausländerrechtlicher Haft sind nicht zwecks Bestrafung inhaftiert, sondern um die Durchsetzung ausländerrechtlicher Massnahmen sicherzustellen. Diese ausländerrechtlichen Zwangsmassnahmen sind im Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) geregelt.

Vorbereitungshaft

Um die Durchführung eines Wegweisungsverfahrens oder eines strafrechtlichen Verfahrens, in dem eine Landesverweisung nach Art. 66a oder 66abis StGB oder Art. 49a oder 49abis MStG droht, sicherzustellen, kann eine Person, die keine Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung besitzt, während der Vorbereitung des Entscheides über ihre Aufenthaltsberechtigung für höchstens sechs Monate in Haft genommen werden
(Art. 75 AIG).

Ausschaffungshaft

Die Ausschaffungshaft dient der Sicherstellung des Vollzuges eines Weg- oder Ausweisungsentscheides und dauert maximal 18 Monate (Art. 79 AIG).  

Durchsetzungshaft

Hat eine Person ihre Pflicht zur Ausreise aus der Schweiz innerhalb der ihr angesetzten Frist nicht erfüllt und vereitelt sie den Vollzug der Weg- oder Ausweisung, so kann sie zwecks Durchsetzung der Ausreise in Durchsetzungshaft genommen werden, sofern die Anordnung der Ausschaffungshaft nicht zulässig ist und eine andere mildere Massnahme nicht zum Ziel führt (Art. 78 AIG).

2. Kostgeld

Untersuchungs-, Sicherheits- und ausländerrechtliche Haft werden in der Regel in den Vollzugseinrichtungen des Kantons Solothurn, namentlich in den Untersuchungsgefängnissen Solothurn und Olten durchgeführt. Im Kostgeld inbegriffen sind die Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Verdienstanteil, etc., soweit diese nicht durch die eingewiesene Person zu tragen sind.

Nicht inbegriffen sind die Kosten für

  • zahnärztliche Behandlungen
  • vollzugsbegleitende ambulante Behandlungen, soweit diese nicht im Rahmen der psychiatrischen Grundversorgung erbracht werden
  • Krankenkassenprämien.

Die Vollzugseinrichtung holt für solche Kosten, soweit sie weder von der Krankenkasse noch von der eingewiesenen Person oder Dritten gedeckt werden können, bei der zuständigen Sozialbehörde eine Kostengutsprache ein.

3. Arbeitsentgelt

3.1.      Untersuchungs- und Sicherheitshaft

Im Unterschied zu den Gefangenen im Strafvollzug sind Personen in Untersuchungs- und Sicherheitshaft nicht zur Arbeit verpflichtet. Es steht ihnen aber frei, sich eine Arbeit zuweisen zu lassen. Für solche Arbeiten erhalten sie eine Entschädigung. Die Entschädigung richtet sich nach den Richtlinien des Konkordats. Verfügt eine Person in Untersuchungs- und Sicherheitshaft also nicht über eigene Mittel zur Deckung ihrer persönlichen Auslagen, kann von ihr aus sozialhilferechtlicher Sicht erwartet werden, dass sie sich eine Arbeit zuweisen lässt. Mit der Erteilung der Kostengutsprache ist die Verpflichtung zur Annahme einer Arbeit mit einer entsprechenden Auflage zu verfügen. Bei einer Verweigerung der Arbeitsannahme kann die Unterstützung um die Höhe des verzichteten Arbeitsentgelts herabgesetzt werden. Zu beachten ist, dass es in der Praxis nicht immer möglich ist, für alle Insassen Arbeitsmöglichkeiten zu bieten.

3.2.      Ausländerrechtliche Haft

Mit Ausnahme der Mitwirkung bei den für die Verpflegung und Reinigung erforderlichen Arbeiten, sind Personen in ausländerrechtlicher Haft nicht zur Arbeit verpflichtet. Den Inhaftierten wird aber die Möglichkeit gegeben, entschädigte Arbeit zu leisten, soweit das Arbeitsangebot dies erlaubt. Die Bemessung des Arbeitsentgeltes erfolgt wie bei der Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Reicht das Arbeitsangebot nicht aus, wird den inhaftierten Personen eine andere sinnvolle Beschäftigung ermöglicht.

4. Gesundheits- und Behandlungskosten

Es kommt immer wieder vor, dass inhaftierte Personen aus gesundheitlichen Gründen während der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft etc. von der Behörde (Staatsanwaltschaften etc.) in eine Klinik eingewiesen werden müssen. Kosten, welche weder von der Krankenversicherung noch vom Kanton getragen werden, sind – die Bedürftigkeit der betroffenen Person vorausgesetzt – von der Sozialhilfe zu übernehmen.

4.1.      Ausserkantonaler Spital- bzw. Klinikaufenthalt

Müssen Inhaftierte mit Wohnsitz im Kanton in einer ausserkantonalen Klinik untergebracht werden, trägt das Gesundheitsamt die medizinisch bedingten Mehrkosten. Bei den Bewachungskosten auf einer Bewachungsstation eines Spitals handelt es sich um durch die Justiz zu übernehmende Kosten.

4.2.      Nicht durch die Sozialhilfe zu deckende Kosten

Kosten für medizinische Untersuchungen, die im Zusammenhang mit der Strafuntersuchung stehen (z. B. Darmröntgen bei Verdacht auf Drogentransport mit so genannten Fingerlingen, Hafterstehungsgutachten), sind Strafuntersuchungskosten. Für die Übernahme solcher Kosten ist weder eine Kranken- oder Unfallversicherung zuständig noch können sie über die Sozialhilfe gedeckt werden.

5. Verfahren bei Kostentragung durch die öffentliche Sozialhilfe

Sind nicht zu den Haftkosten gehörende Auslagen des notwendigen Lebensbedarfs zu decken und verfügen die betreffenden Personen nicht über die erforderlichen Mittel, so haben sie grundsätzlich Anspruch auf Sozialhilfeleistungen. Voraussetzung dafür ist, dass die Anstaltsleitung (oder der Sozialdienst) beim zuständigen Sozialdienst vorgängig bzw. fristgemäss um Kostengutsprache ersucht. Zu beachten ist, dass Personen mit illegalem Aufenthalt lediglich Anspruch auf Nothilfe im Sinne von Art. 12 BV, d.h. auf die für das Überleben notwendigen Mittel haben.

Das Gesuch um Kostengutsprache hat neben den Personalien und den Haftdaten der jeweiligen Person Angaben über Notwendigkeit, Art, Umfang und Dauer der Leistungen zu enthalten. Ebenfalls muss es Angaben über eine mögliche Eigenbeteiligung aus eigenen Mitteln oder solchen auf dem Insassenkonto enthalten, sowie eine Begründung, weshalb keine Eigenbeteiligung möglich ist. Das Gesuch um Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen wird vom Berechtigten mitunterzeichnet. Er bestätigt so, dass die Angaben den Tatsachen entsprechen. Bei medizinischen Massnahmen muss ein zahnärztliches oder ärztliches Zeugnis beigelegt werden.

Die öffentliche Sozialhilfe muss in ihren Bereich fallende Auslagen (Sozialhilfekosten) nur dann übernehmen, wenn sie erforderlich und in ihrer Höhe angemessen bzw. möglichst gering sind, form- und fristgerecht um Kostengutsprache ersucht worden ist und keine anderen Kostenträgerinnen oder -träger zur Verfügung stehen.

6. Sozialhilferechtliche Zuständigkeit

Zur Leistung von wirtschaftlicher Hilfe zuständig sind die Wohngemeinden der Anstaltsinsassinnen und -insassen. Dabei ist in der Regel auf den Wohnsitz vor dem Anstaltseintritt abzustellen. Der Aufenthalt in einer Straf- oder Massnahmenvollzugsanstalt zwecks Untersuchungs-, Sicherheitshaft oder ausländerrechtlicher Haft beendigt einen bestehenden Unterstützungswohnsitz nicht und vermag auch keinen neuen zu begründen (Art. 5 ZUG und Art. 9 Abs. 3 ZUG). Für die Aufrechterhaltung des Krankenversicherungsschutzes ist die letzte zivilrechtliche Wohnsitzgemeinde zuständig (Art. 3 KVG und 6 KVG in Verbindung mit Art. 23 ff. ZGB). Dies gilt auch dann, wenn die inhaftierte Person vor der Verhaftung über keinen festen Wohnort mehr verfügt hat (vgl. Art. 24 Abs. 1 ZGB).

Sonderregelungen Asyl

Personen ohne Aufenthaltsbewilligung (rechtskräftiger negativer Asylentscheid und Wegweisung) haben lediglich Anspruch auf Leistungen der Nothilfe.