Sachverhaltsabklärung

Erläuterungen

1. Abklärung von Amtes wegen und Mitwirkungspflicht

1.1.      Grundsätzliches

Grundsätzlich gilt im Sozialhilferecht die Untersuchungsmaxime. Das bedeutet, dass die sachlich und örtlich zuständige Sozialbehörde den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären hat. Allerdings kommt dabei der Mitwirkung der betroffenen Person eine besondere Bedeutung zu, ist sie doch verpflichtet, das Notwendige für die Abklärungen beizubringen (§ 14 f. und 26 VRG, § 17 und 148 SG)). Zudem entbindet die Untersuchungsmaxime die betroffene Person nicht davon, den massgeblichen Sachverhalt darzustellen.

1.2.      Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsabklärung

Die Mitwirkungspflicht betrifft in erster Linie Tatsachen, welche die betroffene Person besser kennt als die Behörden und welche diese ohne Mitwirken einer Partei gar nicht oder nicht mit vernünftigem Aufwand erheben könnte. Mitwirkungspflichten erschöpfen sich nicht darin, lediglich Fragen zu beantworten und unvollständige Unterlagen über die finanziellen Verhältnisse vorzuweisen. Notwendig sind umfassende und genaue Angaben über Einkommen und Vermögen. Gemäss § 17 SG sind die gesuchstellenden und leistungsbeziehenden Personen insbesondere verpflichtet aktiv am Verfahren mitzuwirken, insbesondere über die massgebenden Verhältnisse alle erforderlichen Auskünfte wahrheitsgetreu und vollständig zu erteilen und soweit möglich zu belegen (lit. a), Einsicht in schriftliche Unterlagen zu gewähren (lit. b) sowie Behörden und Institutionen zu ermächtigen, soweit erforderlich Auskunft zu erteilen (lit. c).Umfang und Art der Mitwirkungspflicht von Hilfesuchenden richten sich grundsätzlich nach der Zumutbarkeit und Verhältnismässigkeit. Ist eine Person zur Mitwirkung nicht in der Lage, darf von ihr eine solche nicht verlangt werden. Unterlässt die mitwirkungspflichtige Person allerdings die verhältnismässige, ihr zumutbare Mitwirkung, hat sie die Folgen dieser Säumnis zu tragen. Diese bestehen in erster Linie darin, dass die Behörde ihren Entscheid aufgrund der Akten und - soweit dies nicht möglich ist - nach freiem Ermessen trifft.

1.3.      Sachverhaltsabklärung durch die Behörde

Die Abklärung der persönlichen und finanziellen Verhältnisse erfolgt durch Befragung der betroffenen Person und ihrer Familienangehörigen, durch Beibringen von Unterlagen durch die Antragstellenden, durch Informationsbeschaffung des Sozialdienstes sowie ausnahmsweise durch den Beizug von Sachverständigengutachten. Ausserdem kann sich die Sozialbehörde auf Erhebungen anderer Stellen stützen. Das Sozialgesetz kennt keine abschliessende Aufzählung der möglichen Beweismittel. So kann beispielsweise auch ein Augenschein in der Wohnung der betroffenen Person ein Bild über ihre soziale und wirtschaftliche Lage vermitteln. Dabei ist zu beachten, dass Art. 13 Abs. 1 BV den Schutz der Räumlichkeiten des Einzelnen gewährleistet. Das Interesse auf Sachverhaltsabklärung muss hier gegen dieses Grundrecht sorgfältig abgewogen werden. Ein Hausbesuch darf also nur durchgeführt werden, wenn dazu ein konkreter Anlass besteht. Er muss in der Regel rechtzeitig angekündigt werden und darf nicht zu Unzeit erfolgen. Im Rahmen der Sozialhilfe darf ein Zutritt zur Wohnung nicht erzwungen werden, sondern nur im Einverständnis mit der betroffenen Person erfolgen.

Notwendige Informationen, welche die Behörde ohne grossen Aufwand selber beschaffen kann, muss sie bei Bedarf aber direkt einholen (z.B. Meldebestätigungen durch die Einwohnerkontrolle). Die Behörde ist sodann nicht an die Angaben der betroffenen Person gebunden, sondern sie muss - soweit dies notwendig ist - eigene Abklärungen treffen. Sie darf aber den Sachverhalt nur soweit abklären, als er für sie rechterheblich ist, das heisst, die Abklärung muss in einem direkten Zusammenhang mit der Anspruchsprüfung und der Ausrichtung der wirtschaftlichen Hilfe stehen.

Gemeinden und soziale Institutionen sind verpflichtet, dem Kanton die für Aufsicht und für die Planung notwendigen Auskünfte zu erteilen, namentlich Einsicht in die Betriebs- und Rechnungsführung zu gewähren (§ 18 Abs. 1 SG). Die Behörden des Kantons und der Gemeinden sowie Arbeitgebende, Sozialversicherungsträger und andere Stellen, welche Personen unterstützen, sind gegenüber den jeweiligen Leistungserbringenden verpflichtet, unentgeltlich diejenigen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen einzureichen, die notwendig sind, um die Sozialleistungen festzulegen, zu ändern, sicherzustellen, an Dritte auszuzahlen oder zurückzufordern (§ 18 Abs. 2 SG).

2. Unterlagen der antragstellenden Person zur Sachverhaltsabklärung

Die Auskunftspflicht der hilfesuchenden Person bezieht sich gemäss der SKOS (A.4.1 Abs. 5) unter anderem auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die Zusammensetzung der Hausgemeinschaft, die Familienverhältnisse, Verpflichtungen der materiellen Grundsicherung und Informationen zur Gesundheit. Die nachfolgende Aufzählung ist beispielhaft zu verstehen. Das bedeutet, dass nicht in jedem Fall alle Unterlagen nötig sind, sondern es sind jene Belege einzufordern, die für die Anspruchsprüfung im speziellen Einzelfall notwendig sind.

2.1.      Unterlagen zur Person bzw. zu den Personen

Es sind für alle zur Unterstützungseinheit gehörenden Personen, also für Ehegatten/-innen, eingetragene Partner/-innen und minderjährige Kinder die Personalien zu klären.

  • Schriftenempfangsschein, Personalausweis, Pass oder Identitätskarte
  • Ausländerausweis
  • Familienbüchlein

 2.2.      Allgemeine Unterlagen zur finanziellen Situation (Einnahmen und Ausgaben sowie Vermögen)

  • Mietvertrag und letzte Mietzinsquittungen
  • Krankenkassenausweis und letzte Prämienquittungen
  • Rechnungen für Hort, Krippe oder Tagesmutter
  • Versicherungspolicen (Hausrat-/Haftpflichtversicherung, Zusatzversicherungen, Lebensversicherungen, Mietkautionsversicherungen etc.)
  • Spar-, Abzahlungs- und Darlehensverträge
  • Steuererklärungen bzw. Steuerausweise
  • Nachweise weiterer offener Schulden
  • Lohnabrechnungen für alle erwerbstätigen Familienangehörigen
  • Verfügungen bzw. Ausweise über den Bezug von Leistungen der AHV, IV, SUVA, Krankentaggeldversicherung und von Zusatzleistungen, z. B. Ergänzungsleistungen zu AHV und IV
  • Verfügungen bzw. Ausweise über den Bezug von Stipendien
  • Bank- und PC-Auszüge der letzten sechs Monate sowie Wertschriften
  • Freizügigkeitspolicen der beruflichen Vorsorge
  • Abrechnung Pekulium
  • etc.

2.3.      Unterlagen über weitere Vermögenswerte

Fahrzeuge (Auto und Motorrad):

  •  Leasing-, Kauf- oder Abzahlungsverträge
  • Fahrzeugausweis
  • Versicherungspolice
  • etc.

Liegenschaften (im In- und Ausland):

  • Grundbuchauszug
  • Versicherungspolicen
  • Kaufvertrag
  • Hypothekarunterlagen
  • Verkehrswertschätzungen
  • etc.

Schmuck und weitere Wertsachen:

  • Versicherungsunterlagen
  • Schätzungs- und Verkehrswertunterlagen
  • etc.

Unverteilte Erbschaften:

  • Erbenbescheinigung
  • Erbschaftsinventar
  • Unterlagen zum Verfahrensstand

Buchwerte:

  • Depotauszüge
  • Verkehrswertschätzungen
  • etc.

2.4.      Spezifische Unterlagen aufgrund der Situation der betroffenen Person

 Bei Arbeitslosigkeit:

  • Kündigungsschreiben des letzten Arbeitgebers
  • Letzte Lohnabrechnung
  • Taggeldabrechnungen
  • Formulare betr. Arbeitsbemühungen
  • Belege über die Aussteuerung
  • Unterlagen über besuchte Kurse, Programme während des Bezugs von Arbeitslosentaggeldern
  • etc.

Bei Arbeitsunfähigkeit:

  • Arztzeugnis
  • Allfällige Ablehnungsverfügungen von IV, SUVA und Krankentaggeldversicherung
  • etc.

Bei Scheidung, Trennung und nicht mit beiden Elternteilen zusammenlebenden Kindern:

  • Trennungs-, Scheidungs- oder Vaterschaftsurteile
  • Belege über Alimentenzahlungen bzw. -verpflichtungen (Kinder- und Ehegattenalimente)
  • Belege über den Eingang von Kinder- und Ehegattenalimenten bzw. Alimentenbevorschussungen
  • etc.

3. Beizug von Sachverständigen

Zur hinreichenden Sachverhaltsabklärung genügt es in der Regel, wenn die Behörden über ein Gesuch um wirtschaftliche Hilfe gestützt auf die Akten, die eigenen Wahrnehmungen - insbesondere durch persönliche Befragung - und den eigenen Sachverstand entscheiden. Sachverständigengutachten sind daher nur ausnahmsweise beizuziehen. Der Beizug von Fachleuten kann namentlich zur Klärung von medizinischen Fragen erforderlich sein. So kann beispielsweise eine vertrauensärztliche Untersuchung dazu dienen, die Arbeitsfähigkeit eines Sozialhilfeempfängers bzw. einer Sozialhilfeempfängerin zu prüfen und damit den Sachverhalt zu ermitteln, ob bzw. inwieweit die Voraussetzungen für die Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen erfüllt sind.

4. Gewährung des rechtlichen Gehörs

Im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs muss der betroffenen Person Gelegenheit gegeben werden sich zu den Sachverhaltsabklärungen zu äussern.

5. Anlegen eines Dossiers

Der Unterstützungsantrag sowie die eingeforderten Unterlagen werden in einem Dossier angelegt. Dies auch dann, wenn sich nach Abklärung des massgeblichen Sachverhalts herausstellen sollte, dass kein Anspruch auf Ausrichtung von wirtschaftlicher Hilfe besteht. Zieht die betroffene Person ihr Gesuch zurück, müssen die Mitteilung des Rückzugs sowie Korrespondenzen und allfällige Aktennotizen von Besprechungen, die zum Rückzug führten im Dossier aufgenommen werden. Die übrigen Unterlagen sollen ihr zurückgegeben werden.

Sonderregelungen Asyl

Keine.