Übergang von Ansprüchen

Erläuterungen

1. Grundsätzliches

Geldleistungen sind gemäss § 153 Abs. 1 SG davon abhängig zu machen, dass die hilfesuchende Person vermögensrechtliche Ansprüche abtritt, soweit sie nicht von Gesetzes wegen übergehen oder soweit realisierbare Vermögenswerte sich nicht grundpfandrechtlich oder anders sicherstellen lassen.

Eine Abtretung oder ein gesetzlicher Übergang der Forderung bzw. der Auszahlungsberechtigung erlaubt es der Sozialbehörde, ihre Ansprüche im Umfang der gewährten Hilfe bei den jeweiligen Drittpersonen geltend zu machen, ohne dass ein Entscheid auf Rückerstattung von wirtschaftlicher Hilfe vorliegt. Allerdings hat die unterstützte Person immer Anspruch auf eine detaillierte Abrechnung, welche ihr so rasch als möglich schriftlich und unaufgefordert zuzustellen ist.

2. Abtretung (Zession)

Bei der Abtretung geht es stets um Geldforderungen, die der unterstützten Person gegenüber einer Drittperson (Schuldnerin oder Schuldner) zustehen. Eine Abtretung ist zulässig, wenn ihr nicht Gesetz, Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen (Art. 164 OR). Eine Einwilligung der Schuldnerin bzw. des Schuldners braucht es nicht. Die Abtretung muss aber schriftlich erfolgen (Art. 165 Abs. 1 OR).

Gemäss § 153 Abs. 1 SG sind Geldleistungen davon abhängig zu machen, dass die hilfesuchende Person vermögensrechtliche Ansprüche abtritt, soweit sie nicht von Gesetzes wegen übergehen oder soweit realisierbare Vermögenswerte sich nicht grundpfandrechtlich oder anders sicherstellen lassen.  Dies betrifft nicht nur bereits bestehende, sondern ebenso dereinst erst entstehende Forderungen. So wäre es sogar möglich, von Hilfesuchenden gleich von Anfang an im erwähnten Umfang eine Abtretung von allen aktuellen und künftigen Forderungen zu verlangen (Globalzession).

Die Wirkungen des Forderungsübergangs beurteilen sich nach den Art. 167 bis 173 OR (Stellung des Schuldners bzw. der Schuldnerin, Übergang der Vorzugs- und Nebenrechte, Urkunden und Beweismittel sowie Gewährleistung). Besondere gesetzliche Bestimmungen bleiben allerdings vorbehalten (vgl. Art. 174 OR).

Wichtig ist vor allem, die Abtretung so bald als möglich dem Schuldner bzw. der Schuldnerin anzuzeigen, da dieser bzw. diese, sofern er bzw. sie gutgläubig ist, seine bzw. ihre Verpflichtung sonst bei der (vormals über die Gläubigereigenschaft verfügenden) unterstützten Person erfüllen kann (Art. 167 OR). Zudem ist zu beachten, dass dem Schuldner bzw. der Schuldnerin auch jene Einreden gegen die abgetretene Forderung zustehen, die schon vorhanden gewesen sind, als er bzw. sie von der Abtretung Kenntnis erhalten hat (Art. 169 Abs. 1 OR), z.B. dass die Schuld bereits getilgt wurde oder aus einem anderem Grund nicht mehr besteht. Zulässig sind auch Einwendungen betreffend die Gültigkeit der Abtretung. Hingegen kann der Schuldner bzw. die Schuldnerin keine Einwendungen vorbringen, die das Grundverhältnis zwischen ihrem Gläubiger bzw. ihrer Gläubiger (also der unterstützten Person) und der Sozialbehörde betreffen (z.B. dass die unterstützte Person keinen Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe in dem ihr ausbezahlten Umfang hat).

Die unterstützte Person ist verpflichtet, der Sozialbehörde die Schuldurkunde und alle vorhandenen Beweismittel auszuliefern und ihr die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen (Art. 170 Abs. 2 OR). Zudem wird vermutet, dass mit der Hauptforderung auch die rückständigen Zinsen auf den Erwerber bzw. die Erwerberin übergehen (Art. 170 Abs. 3 OR). Ist die Frage, wem die Forderung zusteht (der Sozialbehörde oder der unterstützten Person), vor Gericht streitig, so kann, sofern die Schuld fällig ist, jede Partei den Schuldner bzw. die Schuldnerin zur Hinterlegung anhalten (Art. 168 Abs. 3 OR). 

Übersteigt die abgetretene Forderung die erhaltenen Sozialhilfeleistungen, so steht der Überschuss der unterstützten Person zu. Diese hat demzufolge Anspruch auf eine detaillierte Abrechnung.

Eine Abtretung ist z.B. möglich bei Forderungen der unterstützten Person

  • auf Nachzahlungen von Sozialversicherungen, soweit die Sozialbehörde Vorschusszahlungen erbracht hat (vgl. dazu nachfolgend Ziff. 5); gegenüber privaten Versicherungen (soweit kein vertragliches Abtretungsverbot besteht)
  • gegenüber der Vermieterschaft: Eine Abtretung kommt hier in erster Linie bei von der Sozialbehörde übernommenen Mietzinsdepots zum Zuge. Um sicherzustellen, dass die Kaution (inklusive aufgelaufene Zinsen) bei Auflösung des Mietverhältnisses wieder der Sozialbehörde zugeht, hat die unterstützte Person den Anspruch auf Rückerstattung der Kaution und auf die Zinszahlungen der Sozialbehörde abzutreten. Die Sicherheitsleistung ist grundsätzlich erst nach erfolgter Abtretung zu überweisen. Die betreffende Bank muss über die Abtretung orientiert werden (z.B. durch eine Kopie der Abtretungserklärung) und hat die Kontoauszüge bzw. Zinsabrechnungen der Sozialbehörde zuzustellen. Die unterstützte Person hat die Schlussabrechnung der Vermieterschaft der Sozialbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Nach Freigabe der Kaution muss die Bank das Geld der Sozialbehörde überweisen. Die laufenden Zinsen können dagegen schon früher verlangt werden;
  • gegenüber anderen privaten Gläubigerinnen und Gläubigern (soweit kein vertragliches Abtretungsverbot besteht).

Keine Abtretung ist zulässig bei Leistungen der beruflichen Vorsorge vor ihrer Fälligkeit (Art. 39 BVG). Nach Eintritt der Fälligkeit kann aber eine Abtretung verlangt werden, d.h. für die Zeit zwischen der Fälligkeit eines BVG-Guthabens und dessen Auszahlung kann die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe von einer Abtretung abhängig gemacht werden.

Auch künftige Lohnforderungen dürfen nicht an die Sozialbehörde abgetreten werden.

Legalzession:

Neben der Abtretung einer Forderung gestützt auf Art. 165 OR gibt es auch Forderungen, die von Gesetzes wegen auf die Sozialbehörde übergehen (Art. 166 OR). Man spricht hier von Legalzession oder Subrogation.

Beispiele hierfür sind Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt, auf Unterhalt während des Getrenntlebens, auf Kindesunterhalt und auf Verwandtenunterstützung (Art. 131a ZGB, Art. 176a ZGB in Verbindung mit Art. 131a ZGB, Art. 289 Abs. 2 ZGB, Art. 329 Abs. 3 ZGB). Diese Ansprüche gehen von Gesetzes wegen auf die Sozialbehörde über, wenn diese für den Unterhalt der berechtigten Person aufkommt. Ein solcher Forderungsübergang erfolgt ohne Weiteres, d.h. es ist dafür weder eine besondere Form noch eine Erklärung der unterstützten Person nötig. Dabei haftet die unterstützte Person weder für den Bestand der gesetzlich übergegangenen Forderung noch für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners (Art. 173 Abs. 2 OR). Sie verliert die oben genannten Ansprüche, allerdings nur im Umfang der vom Gemeinwesen erbrachten Leistungen. Der Übergang der Forderung von der unterstützten Person auf die Sozialbehörde sollte dem Schuldner oder der Schuldnerin angezeigt werden.

3. Drittauszahlung von laufenden Sozialversicherungsleistungen

Laufende Sozialversicherungsleistungen sind weder abtretbar noch verpfändbar (Art. 22 Abs. 1 ATSG). Unter bestimmten Voraussetzungen kann aber die Auszahlung an die Sozialbehörde verlangt werden.

Nach Art. 20 ATSG kommt eine Drittauszahlung von laufenden Sozialversicherungsansprüchen in Betracht, wenn die zweckmässige Verwendung der betreffenden Geldleistungen gefährdet ist. Gestützt auf Art. 20 ATSG dürfen Sozialversicherungsleistungen ganz oder teilweise einem geeigneten Dritten oder einer Behörde ausbezahlt werden, der oder die der berechtigten Person gegenüber gesetzlich oder sittlich unterstützungspflichtig ist oder diese dauernd fürsorgerisch betreut,

  • sofern die berechtigte Person die Geldleistungen nicht für den eigenen Unterhalt oder für den Unterhalt von Personen, für die sie zu sorgen hat, verwendet oder dazu nachweisbar nicht im Stande ist
  • und sie oder Personen, für die sie zu sorgen hat, aus einem solchen Grund auf die Hilfe der öffentlichen oder privaten Fürsorge angewiesen sind.

Die Tatsache allein, dass jemand von der Sozialbehörde unterstützt wird, rechtfertigt noch keine solche Drittauszahlung. Vielmehr wird dafür auch noch eine Zweckentfremdung dieser Leistungen vorausgesetzt. Beweispflichtig hierfür ist die Person oder Behörde, welche die Drittauszahlung verlangt. Diesen Beweis zu führen ist oft nicht leicht. Zu beachten ist zudem, dass Art. 20 ATSG eine Kann-Vorschrift ist. Ob die Drittauszahlung selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen erfolgt oder nicht, liegt im Ermessen des jeweiligen Versicherungsträgers.

Art. 20 ATSG kommt nur bei Geldleistungen im Sinne von Art. 15 ATSG zum Tragen (Taggelder, Renten, jährliche Ergänzungsleistungen, Hilflosenentschädigungen, Zulagen zu solchen). Der Ersatz für eine von der Versicherung zu erbringende Sachleistung fällt nicht darunter, d.h. solche Zahlungen können von Vornherein nicht gestützt auf Art. 20 ATSG einem Dritten ausbezahlt werden.

Ausführend zu Art. 20 ATSG hält Art. 1 Abs. 2 ATSV fest, dass die Drittperson oder Behörde, welcher die Geldleistungen gestützt auf Art. 20 ATSG direkt ausbezahlt werden, diese ausschliesslich zum Lebensunterhalt der berechtigten Person und der Personen, für die diese zu sorgen hat, zu verwenden hat und sie dem Sozialversicherer auf dessen Verlangen über die Verwendung der Geldleistungen Bericht zu erstatten hat. Ist die bezugsberechtigte Person umfassend verbeiständet und werden die Geldleistungen gestützt auf Art. 20 ATSG nicht an sie selber ausbezahlt, so erfolgt die Auszahlung an den Beistand bzw. die Beiständin oder an eine von diesem oder dieser bezeichnete Person (Art. 1 Abs. 1 ATSV; diese Bestimmung, in welcher noch vom Vormund bzw. von der Vormundin die Rede ist, wurde wohl versehentlich nicht an das neue Erwachsenenschutzrecht angepasst, welche keine Bevormundung von volljährigen Personen mehr kennt; an die Stelle der Vormundschaft ist im Erwachsenenschutzrecht per 1. Januar 2013 die umfassende Beistandschaft getreten).

Bezüglich einzelner Sozialversicherungsleistungen bestehen hinsichtlich der Drittauszahlung von laufenden Leistungen spezielle Vorschriften, die teilweise von Art. 20 ATSG abweichen. Will eine Sozialbehörde die Drittauszahlung einer solchen Leistung beantragen, hat sie die Spezialvorschriften zu beachten:

Alters- und Hinterlassenenversicherung

Gemäss Art. 22bis Abs. 2 AHVG wird die Zusatzrente dem nicht rentenberechtigten Ehegatten ausbezahlt:

  • auf sein Verlangen, wenn der rentenberechtigte Ehegatte seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Familie nicht nachkommt
  • auf sein Verlangen, wenn die Ehegatten getrennt leben
  • von Amtes wegen, wenn die Ehegatten geschieden sind.

Abweichende zivilrichterliche Anordnungen bleiben vorbehalten (Art 22. bis Abs. 2 AHVG).

Zur Kinderrente vgl. Art. 22ter Abs. 2 AHVG in Verbindung mit Art. 71ter AHVV.

Ergänzungsleistungen

Die Drittauszahlung von Ergänzungsleistungen richtet sich nach Art. 20 ATSG. Zu beachten ist hier, dass sich die Drittauszahlung nur auf die jährliche Ergänzungsleistung bezieht. Die Krankheits- und Behinderungskosten gelten demgegenüber als Sachleistungen (Art. 3 Abs. 2 ELG), hier kommt also eine Drittauszahlung gestützt auf Art. 20 ATSG nicht in Betracht.

Militärversicherung

Gemäss Art. 12 Abs. 2 MVG kann die Militärversicherung in Abweichung von Art. 20 Abs. 1 ATSG auch ohne Sozialhilfeabhängigkeit Massnahmen treffen, damit ihre Geldleistungen in erster Linie für den Unterhalt des Versicherten oder der Personen, für die er zu sorgen hat, verwendet werden.

Erwerbsersatz und Mutterschaftsentschädigung

Die Entschädigung wird gemäss Art. 19 Abs. 1 EOG grundsätzlich den Leistungsberechtigten ausbezahlt; es gelten jedoch folgende Ausnahmen:

  • Auf Verlangen der leistungsberechtigten Person wird die Entschädigung den Angehörigen ausbezahlt.
  • Kommen Leistungsberechtigte ihren Unterhaltspflichten nicht nach, werden Entschädigungen, die für die Unterhaltsberechtigten bestimmt sind, auf Gesuch hin diesen selbst oder ihren gesetzlichen Vertretern ausgerichtet; dies gilt in Abweichung von Art. 20 Abs. 1 ATSG auch wenn keine Abhängigkeit von der öffentlichen oder privaten Sozialhilfe besteht.

Familienzulagen

Werden die Familienzulagen nicht für die Bedürfnisse einer Person verwendet, für die sie bestimmt sind, so kann diese Person oder ihr gesetzlicher Vertreter gemäss Art. 9 Abs. 1 FamZG verlangen, dass ihr die Familienzulagen in Abweichung von Art. 20 Abs. 1 ATSG auch ohne Sozialhilfeabhängigkeit ausgerichtet werden.

Auf begründetes Gesuch hin kann die Ausbildungszulage in Abweichung von Art. 20 Abs. 1 ATSG direkt dem volljährigen Kind ausgerichtet werden (Art. 9 Abs. 2 FamZG).

4. Nachzahlungen von Sozialversicherungsleistungen

Gemäss Art. 22 Abs. 1 ATSG ist der Anspruch auf Leistungen einer Sozialversicherung weder abtretbar noch verpfändbar. Jede Abtretung oder Verpfändung ist nichtig. Hingegen können Nachzahlungen von Leistungen des Sozialversicherers abgetreten werden, und zwar

  • dem Arbeitgeber oder der öffentlichen oder privaten Sozialhilfe, soweit diese Vorschusszahlungen leisten
  • einer Versicherung, die Vorleistungen erbringt.

Für eine rechtsgenügende Abtretung müssen der Inhalt der künftigen Forderung, die Person des Schuldners und der Rechtsgrund der Forderung genügend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Mit Bezug auf eine Globalzession muss dieses Erfordernis im Zeitpunkt des Entstehens oder der Geltendmachung der Forderung und nicht schon bei Abgabe der Abtretungserklärung erfüllt sein. Hingegen hat die Abtretungserklärung selbst alle Elemente aufzuweisen, welche die Bestimmung von Inhalt, Schuldner und Rechtsgrund im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung erlauben (BGE 135 V 2). Anstelle einer Abtretung kann die Sozialbehörde aber auch gestützt auf sozialversicherungsrechtliche Spezialbestimmungen die Verrechnung von Nachzahlungen mit den bevorschussten Sozialhilfeleistungen verlangen:

Invalidenversicherung (Art. 85bis IVV)

Erbringt eine Sozialbehörde im Hinblick auf eine IV-Rente Vorschusszahlungen, kann sie verlangen, dass die Nachzahlung dieser Rente damit verrechnet und bis zur Höhe der Vorschussleistung an sie ausgerichtet wird (Art. 85bis Abs. 1 IVV). Vorbehalten bleibt die Verrechnung nach Art. 20 AHVG (Verrechnung mit fälligen Sozialversicherungsleistungen und Rückforderungen, diese gehen einer beantragten Verrechnung durch die Sozialbehörde vor). Als Vorschusszahlungen gelten nach Art. 85bis Abs. 2 IVV

  • freiwillige Leistungen, sofern die versicherte Person zu deren Rückerstattung verpflichtet ist und sie der Auszahlung der Rentennachzahlung an die bevorschussende Stelle schriftlich zugestimmt hat
  • vertraglich oder aufgrund eines Gesetzes erbrachte Leistungen, soweit aus dem Vertrag oder dem Gesetz ein eindeutiges Rückforderungsrecht infolge der Rentennachzahlung abgeleitet werden kann.

Die Nachzahlung darf der bevorschussenden Stelle höchstens im Betrag der Vorschussleistung und für den Zeitraum, in welchem diese erbracht worden ist, ausbezahlt werden (Art. 85bis Abs. 1 IVV).

Ergänzungsleistungen(Art. 22 Abs. 4 ELV)

Hat eine private oder öffentliche Sozialhilfestelle einer Person im Hinblick auf Ergänzungsleistungen Vorschussleistungen für den Lebensunterhalt während einer Zeitspanne gewährt, für die rückwirkend Ergänzungsleistungen ausgerichtet werden, so kann ihr bei der Nachzahlung dieser Vorschuss direkt vergütet werden.

Die bevorschussende Sozialbehörde hat gestützt auf Art. 22 Abs. 4 ELV ein Rückforderungsrecht, welches - im Gegensatz zur Abtretung - nicht von der Zustimmung der unterstützten Person abhängt (BGE 132 V 115, E. 3.2.1). Die verrechnungsweise Drittauszahlung setzt nur voraus, dass objektiv für den gleichen Zeitraum Leistungen fliessen (zeitliche Kongruenz; BGE 121 V 25, E. 4c/aa). Zudem darf die Drittauszahlung höchstens im Betrag der bevorschussten Sozialhilfeleistungen erfolgen (sachliche Kongruenz; BGE 132 V 117, E. 3.2.2).

Unter Vorschussleistungen für den Lebensunterhalt sind nicht nur die Sozialhilfeleistungen zu verstehen, die zur Deckung der laufenden Lebenskosten ausgerichtet werden, sondern grundsätzlich alle von der Sozialbehörde in dem vom Nachzahlungsanspruch erfassten Zeitraum ausgerichteten, wirtschaftlichen Unterstützungsleistungen, d.h. auch situationsbedingte Leistungen wie z.B. Krankheits- und Behinderungskosten. Die zeitlich mit nachträglich zugesprochenen Sozialversicherungsleistungen zusammenfallenden wirtschaftlichen Unterstützungen der Sozialhilfe gelten grundsätzlich stets als "Vorschussleistungen" im Sinne von Art. 22 Abs. 4 ELV und werden damit vom Drittauszahlungsanspruch der Sozialbehörde erfasst (BGE 132 V 118, E. 3.2.3).

Der Antrag um Auszahlung der Nachzahlung an die bevorschussende Sozialbehörde ist der zuständigen Durchführungsstelle einzureichen.

Arbeitslosentaggelder (Art. 94 Abs. 3 AVIG)

Haben öffentliche oder private Sozialhilfestellen für einen Zeitraum, für den rückwirkend Taggelder ausgerichtet werden, Vorschussleistungen für den Lebensunterhalt erbracht, so können sie die Nachzahlung bis zur Höhe ihrer Vorschussleistungen beanspruchen. In diesem Umfang ist der Anspruch auf Taggelder der Zwangsvollstreckung entzogen. Arbeitslosentaggelder werden jeweils nachschüssig ausbezahlt. Setzt die wirtschaftliche Hilfe vor der Ausrichtung der Arbeitslosentaggelder ein, so kann die Sozialbehörde die Auszahlung an sie verlangen.

Familienzulagen

Für die Familienzulagen bestehen keine spezialgesetzlichen Bestimmungen.

Sonderregelungen Asyl

Keine.

Rechtsprechung

Nachzahlung von Sozialversicherungsleistungen:

BGE 141 V 264: Art. 22 Abs. 4 ELV; Drittauszahlung von Ergänzungsleistungen, die nach dem Tod des Anspruchsberechtigten zugesprochen worden sind, an eine Sozialhilfebehörde. Die Sozialhilfestelle, welche einen Versicherten finanziell unterstützt hat, hat auch dann ein Anrecht auf direkte Auszahlung von rückwirkend zugesprochenen Ergänzungsleistungen, wenn der Versicherte vor der leistungszusprechenden Verfügung verstorben ist; indessen muss die Anmeldung zum Bezug von Ergänzungsleistungen zu Lebzeiten des Versicherten eingereicht worden sein (E. 4; Abgrenzung zum Entscheid H 245/57 vom 19. März 1958).

8C_325/2012 Urteil des Bundesgerichts vom 24. August 2012, E.3.2: Bei Taggeldern der Invalidenversicherung kann es sich um nachträglich ausgerichtete Leistungen oder um Zahlungen handeln, die laufend eingehen. Nachzahlungen von Leistungen des Sozialversicherers können an die öffentliche Sozialhilfe abgetreten werden, soweit diese Vorschusszahlungen leistet (Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG). Da die IV-Taggelder vorliegend nicht nachgezahlt, sondern laufend ausgerichtet wurden, geht es nicht um die Verrechenbarkeit von Sozialhilfe mit abgetretenen Versicherungsleistungen.

BGE 135 V 2: Abtretung der Nachzahlung von Leistungen des Sozialversicherers an die bevorschussende Sozialhilfebehörde. Die Gemeinde ist durch die Verweigerung der von ihr verlangten Drittauszahlung direkt in ihren vermögensrechtlichen Interessen als Sozialhilfebehörde berührt und zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt (E. 1.1). Der Begriff der Abtretung, wie er in Art. 22 ATSG verwendet wird, stimmt mit demjenigen der Zession nach Art. 164 ff. OR überein (E. 6.1). Die zivilrechtlichen Abtretungsregeln mit Bezug auf künftige Forderungen gelten auch im Anwendungsbereich von Art. 22 Abs. 2 ATSG. Deshalb ist die Abtretung künftiger Leistungen des Sozialversicherers im Rahmen einer Globalzession zulässig, wenn die Abtretungserklärung alle Elemente enthält, nach welchen sich die Nachzahlungsforderung bezüglich Inhalt, Schuldner und Rechtsgrund bestimmen lässt (E. 6.1.2). In casu rechtsgültige Zession einer künftigen IV-Rentennachzahlung (E. 7.2).

BGE 132 V 113: Drittauszahlung nachträglich zugesprochener Ergänzungsleistungen an die Sozialhilfebehörde. Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG hat zu keiner materiellrechtlichen Änderung der bisher geltenden Ordnung der Drittauszahlung von nachträglich zugesprochenen Ergänzungsleistungen an bevorschussende Sozialhilfeinstitutionen geführt. (E. 3.3 und 3.4). Mit Bezug auf die in Art. 22 Abs. 4 ELV enthaltene Formulierung "im Hinblick auf Ergänzungsleistungen" gilt die zu den vergleichbaren Wendungen in Art. 50 Abs. 2 IVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) und Art. 85bis IVV ergangene Rechtsprechung (BGE 131 V 246 ff. E. 5) analog. (E. 3.2.2).