Das Asylverfahren

Erläuterungen

1.         Allgemeines

Sind Personen aufgrund ihrer Ethnie, Religion, Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder ihren politischen Anschauungen in ihrem Heimatland oder dem Land, in dem sie zuletzt wohnten, ernsthaften Nachteilen ausgesetzt oder haben dies zu befürchten, gelten sie als Flüchtlinge (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Zu den ernsthaften Nachteilen zählen die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die unerträglichen psychischen Druck bewirken. Die Schweiz gewährt Flüchtlingen Schutz und Aufenthalt.

Für die Durchführung der Asylverfahren ist das Staatssekretariat für Migration (SEM) zuständig. Per 1. März 2019 trat das revidierte Asylgesetz in Kraft. In diesem werden sowohl die Asylgewährung und die Rechtsstellung von Flüchtlingen als auch der vorübergehende Schutz von Schutzbedürftigen in der Schweiz und deren Rückkehr geregelt (Art. 1 AsylG). Die Asylverfahren folgen einem strikten zeitlichen Ablauf und werden während des Aufenthalts in einem Bundesasylzentrum (BAZ) mit Verfahrensfunktion durchgeführt und in der Regel innerhalb von 140 Tagen rechtskräftig abgeschlossen.

Im Asylverfahren wird geprüft, ob die Flüchtlingseigenschaft gemäss Asylgesetz erfüllt ist. Asylsuchende, deren Asylgesuch abgelehnt wird, müssen die Schweiz verlassen, sofern keine Wegweisungshindernisse bestehen. Sind solche vorhanden kommt es zur vorläufigen Aufnahme in der Schweiz.

2.         Asylgesuch

Das Asylgesuch unterliegt keinen formellen Kriterien. Äussern ausländische Personen, dass sie in der Schweiz Schutz vor Verfolgung suchen, gilt das als Asylgesuch (Art. 18 AsylG). Das Gesuch kann auch mündlich gestellt werden. Asylgesuche können in Bundesasylzentren, bei der Grenzkontrolle in einem schweizerischen Flughafen oder bei der Einreise an einem geöffneten Grenzübergang eingereicht werden. Wenn möglich belegt die gesuchstellende Person ihre Identität mit offiziellen Dokumenten. In der Regel werden Asylgesuche direkt bei den Bundesasylzentren (BAZ) eingereicht, andernfalls verweisen die zuständigen Behörden auf diese.

3.         Vorbereitungsphase

Nach der Einreichung des Gesuchs werden alle Asylsuchenden einem BAZ mit Verfahrensfunktion zugewiesen. Dort wird in einem ersten Schritt die Identität der Asylsuchenden und die Zuständigkeit der Schweiz für die Durchführung des Asylverfahrens abgeklärt. In der Vorbereitungsphase werden die Personalien und der Gesundheitszustand erfasst, Fingerabdrücke genommen und mit der europäischen Datenbank abgeglichen und bei Bedarf Altersbestimmungen und DNA-Analysen veranlasst. Zudem wird eine Befragung zum Reiseweg durchgeführt.

Zu Beginn des Verfahrens erhalten alle Asylsuchenden eine kostenlose Beratung und werden über die Rechte und Pflichten informiert. Eine kostenlose Rechtsvertretung begleitet die Asylsuchenden bei allen verfahrensrelevanten Schritten und klärt die Asylsuchenden über ihre Chancen im Asylverfahren auf. Die Rechtsvertretung begleitet die asylsuchende Person bei den Anhörungen, nimmt Stellung zum Entwurf eines allfällig negativen Asylentscheids und verfasst gegebenenfalls eine Beschwerdeschrift. Die Vorbereitungsphase dauert höchstens 10 Tage bei Dublin-Verfahren und 21 Tage bei anderen Verfahren (Art. 26 Abs. 1 AsylG).

Haben Asylsuchende geringe Chancen auf ein Bleiberecht in der Schweiz, werden sie bereits zu diesem Zeitpunkt über die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr informiert. Für weitere Informationen zur Vorbereitungsphase siehe S.4 – 8 im Artikel C4 zum beschleunigten Asylverfahren in den Praxishilfen.

4.         Asylverfahren

Im Anschluss an die Vorbereitungsphase wird entschieden, ob ein Dublin-Verfahren (Art. 26b AsylG) oder ein beschleunigtes Verfahren (Art. 26c AsylG) durchgeführt wird. Ist nach der Anhörung der Asylgründe in einem beschleunigten Verfahren kein Entscheid möglich und sind weitere Abklärungen notwendig, wird ein erweitertes Verfahren nach Art 26d AsylG eingeleitet.

4.1.      Dublin-Verfahren

Mit dem Dublin-System sollen in den angeschlossenen Staaten Mehrfachgesuche vermieden werden, indem immer ein Dublin-Staat (Ort der Einreichung des ersten Asylantrags) für die asylsuchende Person zuständig ist. Zu den Dublin-Staaten zählen 27 EU-Staaten sowie Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz. Das Dublin-Verfahren kommt nur bei Drittstaatsangehörigen zur Anwendung. In Verordnungen der EU wird die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens geregelt.

Für die Zuständigkeit eines Dublin-Staates spricht, wenn in diesem bereits ein Asylgesuch eingereicht oder bereits ein Asylverfahren durchgeführt wurde. Auch wenn bereits ein enges Familienmitglied (Kernfamilie) der asylsuchenden Person ein Asylverfahren eingeleitet hat oder sich rechtmässig in einem Staat aufhält, spricht das für die Zuständigkeit dieses Staates. Zur Klärung der Zuständigkeit dient der Abgleich der Fingerabdrücke mit der europäischen Datenbank. So kann in der Regel festgestellt werden, ob die asylsuchende Person bereits in einem Dublin-Staat ein Asylverfahren durchlaufen hat. In einer Befragung werden weitere Sachverhalte, wie beispielsweise zum Aufenthalt enger Familienmitglieder, ermittelt.

Ist aus Sicht der Schweiz ein anderer Staat zuständig, wird dieser ersucht das Asylverfahren durchzuführen. Falls dieser zustimmt, hat die asylsuchende Person die Schweiz zu verlassen und der zuständige Staat führt das Asylverfahren durch. In diesem Fall trifft das SEM einen sogenannten Nichteintretensentscheid nach Art. 31a Abs. 1 Buchstabe b AsylG.

4.2,      Beschleunigtes Verfahren

Im beschleunigten Verfahren wird in einer Anhörung zu den Asylgründen geprüft, ob:

  • die Voraussetzungen für das Eintreten auf das Asylgesuch gegeben sind
  • die Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft und die Voraussetzungen für die Asylgewährung erfüllt sind,

Steht nach der Anhörung fest, dass das Gesuch abschliessend beurteilt werden kann, wird innert 8 Arbeitstagen ein erstinstanzlicher Asylentscheid direkt im BAZ gefällt.

4.3,      Erweitertes Verfahren

Der Bund weist Asylsuchende einem Kanton zu, falls nach der Anhörung zu den Asylgründen weitere Abklärungen notwendig sind. Dieser Kanton bleibt dann sowohl bei einem positiven als auch einem negativen Asylentscheid für die weiteren Schritte zuständig.

Praxishilfen

Staatssekretariat für Migration SEM: Schematische Darstellung des Asylverfahrens

Staatssekretariat für Migration SEM: Handbuch Asyl und Rückkehr. Artikel C4. Das beschleunige Asylverfahren.

Staatssekretariat für Migration SEM: Handbuch Asyl und Rückkehr. Artikel C5. Das erweiterte Asylverfahren.