Überblick über die Familienzulagen
Rechtsgrundlagen
Erläuterungen
1. Allgemeine Bestimmungen
Familienzulagen sind einmalige oder periodische Geldleistungen, die ausgerichtet werden, um die finanzielle Belastung durch ein oder mehrere Kinder teilweise auszugleichen (Art. 2 FamZG).
Die Familienzulagen umfassen (Art. 3 Abs. 1 FamZG):
- die Kinderzulage: sie wird ab dem Geburtsmonat des Kindes bis zum Ende des Monats ausgerichtet, in dem das Kind das 16. Altersjahr vollendet; ist das Kind erwerbsunfähig (vgl. Art. 7 ATSG), so wird die Zulage bis zum vollendeten 20. Altersjahr ausgerichtet;
- die Ausbildungszulage: sie wird ab dem Beginn des Monats ausgerichtet, in dem das Kind eine nachobligatorische Ausbildung beginnt, jedoch frühestens ab dem Beginn des Monats, in dem es das 15. Altersjahr vollendet; besucht das Kind nach Vollendung des 16. Altersjahrs noch die obligatorische Schule, so wird die Ausbildungszulage ab dem Beginn des darauffolgenden Monats ausgerichtet; die Ausbildungszulage wird bis zum Abschluss der Ausbildung des Kindes gewährt, längstens jedoch bis zum Ende des Monats, in dem es das 25. Altersjahr vollendet.
Im Kanton Solothurn beträgt die Kinderzulage monatlich Fr. 200.00, die Ausbildungszulage Fr. 250.00 pro Monat und Kind.
Für landwirtschaftliche Arbeitnehmer, Älpler und Kleinbauern sind die Familienzulagen ausschliesslich auf Bundesebene geregelt. Im Bundesgesetz über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG) und in den Ausführungserlassen ist der Anspruch festgelegt. Die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn (AKSO) orientiert Sie über die aktuellen Eckwerte in einem Merkblatt (siehe Praxishilfen).
1.1 Anspruchsberechtigung für Kinder
Gemäss Art. 4 FamZG werden Familienzulagen für in der Schweiz lebende Kinder ausgerichtet für:
- eigene Kinder, unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht oder ob es sich um adoptierte Kinder handelt
- Stiefkinder, die überwiegend im gemeinsamen Haushalt leben oder bis zur Mündigkeit gelebt haben
- Pflegekinder, die unentgeltlich zu dauernder Pflege und Erziehung aufgenommen werden
- Geschwister und Enkelkinder, für deren Unterhalt die bezugsberechtigte Person überwiegend aufkommt
Sehen es zwischenstaatliche Vereinbarungen vor, werden auch für Kinder mit Wohnsitz im Ausland Familienzulagen ausgerichtet (Art. 7 FamZV). An Staatsangehörige von EU- bzw. EFTA-Ländern werden die Familienzulagen für Kinder, die in Ländern der EU bzw. EFTA und in Bosnien und Herzegowina wohnen, ungekürzt ausgerichtet.
Bei Kindern, welche die Schweiz zu Ausbildungszwecken verlassen, wird während höchstens fünf Jahren vermutet, dass sie weiterhin in der Schweiz Wohnsitz haben. Diese Frist beginnt frühestens mit der Vollendung des 15. Altersjahres zu laufen.
Die Familienzulagen für im Ausland lebende Kinder werden grundsätzlich an die Kaufkraft angepasst (Art. 8 FamZV). Bei EU- oder EFTA- Staaten gelten wie in der Schweiz Regeln zur Anspruchskonkurrenz, Differenzzahlung und Drittauszahlung. Weiterführende Informationen, auch zur Landwirtschaft sind auf der Website des Bundesamtes für Sozialversicherungen zu finden.
1.2 Anspruchskonkurrenz / Differenzzahlung
Pro Kind ist nur eine Zulage möglich (Art. 6 FamZG). Wenn mehrere Personen für ein Kind Familienzulagen beantragen können, so steht der Anspruch nach Art. 7 Abs. 1 FamZG in folgender Reihenfolge zu
- der erwerbstätigen Person
- der Person, die die elterliche Sorge hat oder bis zur Volljährigkeit des Kindes hatte
- der Person, bei der das Kind überwiegend lebt oder mit der es bis zur Volljährigkeit zusammengelebt hat
- der Person, die im (zivilrechtlichen) Wohnsitzkanton des Kindes Zulagen beziehen kann
- der Person, die das höhere AHV-pflichtige Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit hat
- der Person, die das höhere AHV-pflichtige Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit hat
Richten sich die Familienzulagenansprüche der erst- und der zweitanspruchsberechtigten Person nach den Familienzulagenordnungen von zwei verschiedenen Kantonen, so hat die zweitanspruchsberechtigte Person Anspruch auf den Betrag, um den der gesetzliche Mindestansatz in ihrem Kanton höher ist als im anderen (Art. 7 Abs. 2 FamZG). Dies gilt aber nicht für Nichterwerbstätige im vorstehend unter Ziff. 5 genannten Sinn (Art. 19 Abs. 1 FamZG).
1.3 Auszahlung an Dritte
Verwendet die anspruchsberechtigte Person die Familienzulagen nicht für die Bedürfnisse des Kindes, für das sie bestimmt sind, so kann dieses oder sein gesetzlicher Vertreter verlangen, dass ihm die Familienzulagen in Abweichung von Art. 20 Abs. 1 ATSG auch ohne Sozialhilfeabhängigkeit ausgerichtet werden (Art. 9 Abs. 1 FamZG).
Auf begründetes Gesuch hin kann die Ausbildungszulage in Abweichung von Art. 20 Abs. 1 ATSG direkt dem volljährigen Kind ausgerichtet werden (Art. 9 Abs. 2 FamZG).
1.4 Verrechnung
Mit Bezug auf die Verrechnung verweist Art. 25 lit. d FamZG auf Art. 20 AHVG. Demnach kann die Familienausgleichskasse fällige Familienzulagen verrechnen. Dies unter der Voraussetzung, dass die Verrechnung nicht in das betreibungsrechtliche Existenzminimum der versicherten Person eingreift (vgl. Art. 93 Abs. 1 SchKG), was vor der Verrechnung zu prüfen ist. Bei Sozialhilfebeziehenden ist eine Verrechnung aus diesen Gründen in aller Regel unzulässig (vgl. dazu BGE 131 V 249, E.1.2).
2. Familienzulagen für Arbeitnehmende
2.1. Anspruch
Anspruch auf Familienzulagen haben in der AHV obligatorisch versicherte Arbeitnehmende, die auf einem jährlichen Erwerbseinkommen, das mindestens dem halben jährlichen Betrag der minimalen vollen Altersrente der AHV entspricht, AHV-Beiträge entrichten. Die jährlichen Mindesteinkommen finden sich auf folgender Seite: Familienzulagen . Hat jemand mehrere Arbeitgebende, zählt das gesamte Erwerbseinkommen. Massgebend ist das nach AHV-Kriterien ermittelte Einkommen.
Für Arbeitnehmende mit einem tieferen Einkommen vgl. nachfolgend Ziff. 4.1.
Der Anspruch auf Familienzulagen für Arbeitnehmende entsteht mit dem Lohnanspruch (Art. 13 Abs. 1 und 2 FamZG).
2.2. Anwendbare kantonale Familienzulagenordnung
Bei Arbeitnehmenden, die von einem dem FamZG unterstellten Arbeitgeber beschäftigt werden, richten sich die Leistungen nach der Familienzulagenordnung des Kantons, in dem das Unternehmen seinen rechtlichen Sitz hat oder, wenn ein solcher fehlt, ihres Wohnsitzkantons. Zweigniederlassungen unterstehen der Familienzulagenordnung des Kantons, in dem sie sich befinden, wobei die Kantone abweichende Regelungen vereinbaren können (Art. 12 Abs. 2 FamZG).
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber unterstehen der Familienzulagenordnung des Kantons, in dem sie für die AHV erfasst sind (Art. 12 Abs. 3 FamZG).
2.3. Auszahlung
Die Familienzulagen werden jeweils zusammen mit der Lohnzahlung durch den Arbeitgeber ausbezahlt. Sie werden in der Lohnabrechnung separat aufgeführt.
2.4. Erlöschen des Anspruchs
Grundsätzlich erlischt der Anspruch auf Familienzulagen für Arbeitnehmende mit dem Erlöschen des Lohnanspruches (Art. 13 Abs. 1 und 2 FamZG).
Ausnahmen:
- Ist der Arbeitnehmende aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes sowie wegen Schwangerschaft ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert (Art. 324a Abs. 1 und 3 OR), werden die Familienzulagen nach Eintritt der Arbeitsverhinderung noch während des laufenden Monats und der drei darauf folgenden Monate ausgerichtet, auch wenn der gesetzliche Lohnanspruch erloschen ist (Art. 10 Abs. 1 FamZV).
- Bezieht der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin einen unbezahlten Urlaub, so werden die Familienzulagen nach Antritt des Urlaubs noch während des laufenden Monats und der drei darauf folgenden Monate ausgerichtet (Art. 10 Abs. 1bis FamZV).
- Auch ohne gesetzlichen Lohnanspruch bleibt der Anspruch auf Familienzulagen bestehen während eines Mutterschaftsurlaubs von höchstens 16 Wochen und während eines Jugendurlaubs gemäss Art. 329e Abs. 1 OR (Art. 10 Abs. 2 FamZV).
- Stirbt der Arbeitnehmende, so werden die Familienzulagen noch während des laufenden Monats und der drei darauf folgenden Monate ausgerichtet (Art. 10 Abs. 3 FamZV).
Nach einem Unterbruch nach Art. 10 Abs. 1 FamZV oder Art. 10 Abs. 1bis FamZV besteht der Anspruch auf Familienzulagen ab dem ersten Tag des Monats, in dem die Arbeit wieder aufgenommen wird (Art. 10 Abs. 1ter FamZV).
Ist der Anspruch auf Familienzulagen für Arbeitnehmer erloschen, kann gegebenenfalls ein Anspruch auf Familienzulagen für Nichterwerbstätige entstehen (vgl. dazu nachfolgend Ziff. 4).
3. Familienzulagen für Selbständigerwerbende
3.1. Anspruch
Anspruch auf Familienzulagen haben die als Selbständigerwerbende in der AHV obligatorisch versicherten Personen, soweit sie auf einem jährlichen Erwerbseinkommen, das mindestens dem halben jährlichen Betrag der minimalen vollen Altersrente der AHV entspricht, AHV-Beiträge entrichten (Art. 13 Abs. 2 und 3 FamZG). Wer dieses Mindesteinkommen nicht erreicht, gilt gemäss Art. 19 Abs. 1bis FamZG als nichterwerbstätig (vgl. dazu nachfolgend Ziff. 4).
3.2. Anwendbare kantonale Familienzulagenordnung
Selbstständigerwerbende unterstehen der Familienzulagenordnung des Kantons, in dem das Unternehmen seinen rechtlichen Sitz hat oder, wenn ein solcher fehlt, ihres Wohnsitzkantons (Art. 12 Abs. 2 FamZG).
3.3. Auszahlung
Die Familienausgleichskasse schreibt Selbständigerwerbenden die Familienzulagen in der Regel quartalsweise gut und verrechnet diese mit den Beiträgen.
3.4. Dauer des Anspruchs
Der Anspruch auf Familienzulagen beginnt mit Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit und endet mit deren Aufgabe (Art. 10a Abs. 1 FamZV). Der Anspruch auf Familienzulagen besteht aber in folgenden Fällen noch während des laufenden und der nächsten drei Kalendermonate (Art. 10a Abs. 2 FamZV in Verbindung mit Art. 10 FamZV):
- Krankheit
- Unfall
- Schwangerschaft
- Tod
- Erfüllung gesetzlicher Pflichten wie Militärdienst
Während des Mutterschaftsurlaubs bleibt der Anspruch auf Familienzulagen längstens während 16 Wochen bestehen (Art. 10a Abs. 2 FamZV in Verbindung mit Art. 10 Abs. 2 FamZV). Wird die selbständige Erwerbstätigkeit auf den Zeitpunkt der Geburt hin aufgegeben, besteht der Anspruch auf Familienzulagen solange wie jener auf Mutterschaftsentschädigung.
Ist der Anspruch auf Familienzulagen für Selbständigerwerbende erloschen, kann gegebenenfalls ein Anspruch auf Familienzulagen für Nichterwerbstätige entstehen (vgl. dazu nachfolgend Ziff. 4).
4. Familienzulagen für Nichterwerbstätige
4.1. Definition Nichterwerbstätige
Als Nichterwerbstätige gelten Personen, die in der AHV obligatorisch versichert sind und die bei der AHV als nichterwerbstätige Personen erfasst sind (Art. 19 FamZG).
Ebenso finden die Bestimmungen über Nichterwerbstätige Anwendung auf Selbständigerwerbende und Arbeitnehmende mit geringem Einkommen, d.h. Selbständigerwerbende und Arbeitnehmende, die das Mindesteinkommen nach Art. 13 Abs. 3 FamZG nicht erreichen (Art. 19 Abs. 1bis FamZG). Neu gelten nach Art. 19 Abs. 1ter arbeitslose Mütter, die Anspruch auf eine Mutterschaftsentschädigung haben, während der Dauer dieses Anspruchs ebenfalls als Nichterwerbstätige.
Nicht als Nichterwerbstätige gelten nach Art. 16 FamZV
- Personen, die nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters eine Altersrente der AHV beziehen;
- Personen, die in ungetrennter Ehe leben und deren Ehemann oder Ehefrau eine Altersrente der AHV bezieht;
- Personen, deren AHV-Beiträge nach Art. 3 Abs. 3 AHVG als bezahlt gelten;
- Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene, Schutzbedürftige ohne Aufenthaltsbewilligung und weggewiesene Personen mit Anspruch auf Nothilfe nach Art. 82 AsylG, deren Beiträge nach Art. 14 Abs. 2bis AHVG noch nicht festgesetzt sind.
4.2. Anspruch
Nichterwerbstätige haben gemäss Art. 19 Abs. 2 FamZG und Art. 17 FamZV Anspruch auf Familienzulagen, wenn
- das steuerbare Einkommen den anderthalbfachen Betrag einer maximalen vollen Altersrente der AHV nicht übersteigt und
- keine Ergänzungsleistungen zur AHV/IV bezogen werden.
Bezieht nur das anspruchsbegründende Kind Ergänzungsleistungen, nicht aber die anspruchsberechtigte Person, schliesst das den Bezug von Familienzulagen für Nichterwerbstätige nicht aus.
Ist ein Anspruch auf Familienzulagen für Arbeitnehmende oder Selbständigerwerbende erloschen (vgl. dazu vorstehend Ziff. 2.4 und Ziff. 3.4) und sind die Voraussetzungen für die Ausrichtung von Familienzulagen für Nichterwerbstätige erfüllt, so können ab dem Folgemonat nach dem Wegfall der Zulagen für Arbeitnehmende bzw. Selbständigerwerbende solche für Nichterwerbstätige beantragt werden.
4.3. Anmeldung
Nichterwerbstätige beantragen die Ausrichtung von Familienzulagen bei der zuständigen Familienausgleichskasse:
- Arbeitnehmende mit geringem Einkommen (Art. 19 Abs. 1bis FamZG) melden sich selbständig oder über den Arbeitgeber bei dessen Familienausgleichkasse an.
- Selbständigerwerbende mit geringem Einkommen (Art. 19 Abs. 1bis FamZG) melden sich bei der für sie zuständigen Familienausgleichskasse an.
- Personen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, melden sich bei der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn
Auf der Website der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn (AKSO) findet sich das entsprechende Anmeldeformular für Nichterwerbstätige. Beizulegen sind:
- Generell: Eine Kopie des Familienbüchleins oder der Geburtsurkunde
- Für über 16-jährige Kinder: eine Kopie des Lehrvertrags, Bestätigung des Ausbildungsinstituts, Arztzeugnis betreffend invalide Kinder
- Für Kinder im Ausland: Bestätigung der Kindergeldkasse des Wohnorts
- Für Sozialhilfebezüger/innen: Kopie der sozialhilferechtlichen Existenzminimums-Berechnung
- Weiter: Auszug aus dem Scheidungsurteil betreffen Sorge- und Obhutsrecht, Vereinbarung über elterliche Sorge, Kopie Pflegevertrag
Nach der erstmaligen Anmeldung erhält die antragstellende Person von der Familienausgleichskasse rechtzeitig einen Verlängerungsantrag, den sie wiederum mit allen notwendigen Unterlagen einzureichen hat.
4.4. Auszahlung
Die Familienzulagen für Nichterwerbstätige werden der anspruchsberechtigten Person monatlich durch die Familienausgleichskasse ausbezahlt.
Die Zulagen werden unter dem Vorbehalt ausbezahlt, dass die definitiven Steuerfaktoren der direkten Bundessteuer das massgebende Höchsteinkommen nicht erreicht wird.
4.5. Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
Wer im Verlauf des Jahres eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, mit welcher das AHV-pflichtige Mindesteinkommen nach Art. 13 Abs. 3 FamZG erreicht wird, gilt bis zum Monat vor der Erwerbsaufnahme mit Bezug auf die Familienzulagen als Nichterwerbstätiger.
5. Familienzulagen in der Landwirtschaft
Sonderregelungen Asyl
Auf Familienzulagen für ausländische Personen ohne Niederlassungsbewilligung werden Quellensteuern erhoben. Sozialhilfebeziehende Personen Hauben die Möglichkeit, ein Erlassgesuch zustellen. Das Einreichen der Gesuche ist durch die Sozialregionen sicherzustellen, um zu verhindern, dass mit Sozialhilfegeldern Steuern bezahlt werden.