Ergänzungsleistungen zur AHV und IV

Erläuterungen

1. Zweck

Die Zusatzleistungen zur AHV/IV garantieren Personen, deren Existenzbedarf durch die Leistungen der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung nicht gedeckt ist, ein gesetzlich vorgeschriebenes Mindesteinkommen.

Im Kanton Solothurn bestehen die Zusatzleistungen zur AHV/IV aus

  • Ergänzungsleistungen (EL)
  • gemäss ELG, bestehend aus jährlicher Ergänzungsleistung sowie Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten
  • Gemeindezuschüssen, soweit diese aufgrund der kommunalen Gesetzgebung vorgesehen sind.

2. Ergänzungsleistungen

2.1.      Anspruchsberechtigte Personen

Personen mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz haben Anspruch auf Ergänzungsleistungen, wenn sie:

  • eine Altersrente der AHV beziehen oder Anspruch haben auf eine Witwen-, Witwer- oder Waisenrente der AHV
  • Anspruch auf eine IV-Rente haben
  • Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung haben, sofern sie das 18. Altersjahr vollendet haben
  • seit sechs Monaten ununterbrochen IV-Taggelder beziehen oder
  • Anspruch auf eine Rente der AHV oder IV hätten, wenn die Mindestbeitragsdauer erfüllt wäre.

Der gewöhnliche Aufenthalt gilt gemäss Art. 4 Abs. 2 ELG als unterbrochen, wenn eine Person sich ununterbrochen mehr als drei Monate im Ausland aufhält oder sich in einem Kalenderjahr insgesamt mehr als drei Monate im Ausland aufhält. Besteht ein wichtiger Grund für den Auslandaufenthalt, werden die Ergänzungsleistungen auf Ende des Monats eingestellt, indem die Person den 365. Tag im Ausland verbracht hat (Art. 1a Abs. 1 ELV). Wichtige Gründe sind die Ausbildung nach AHVV, die Verunmöglichung der Rückkehr in die Schweiz durch Krankheit oder Unfall und die Verhinderung der Rückkehr in die Schweiz durch höhere Gewalt (Art. 1a Abs. 4).

Zusätzlich zu diesen Voraussetzungen müssen sich Ausländerinnen und Ausländer unmittelbar vor dem Zeitpunkt, ab dem die Ergänzungsleistung verlangt wird, während zehn Jahren ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten haben (Karenzfrist). Für Flüchtlinge und staatenlose Personen beträgt die Karenzfrist fünf Jahre.  

Mit der EL-Reform wird per 1. Januar 2021 eine Vermögensschwelle in Kraft gesetzt. Kein Anspruch auf Ergänzungsleistungen besteht gemäss Art. 9a Abs. 1 ELG bei einem Reinvermögen ab Fr. 100'000 bei alleinstehenden Personen, Fr. 200'000 bei Ehepaaren und Fr. 50'000 bei rentenberechtigten Waisen und Kindern. Selbstbewohnte Liegenschaften sind nicht Bestandteil des Reinvermögens (Art. 9a Abs. 2 ELG). Vermögen, auf welches verzichtet wurde, gehört auch zum Reinvermögen (Art. 9a Abs. 3 ELG).

2.2.      Jährliche Ergänzungsleistungen

Der jährliche Anspruch auf die monatlich ausbezahlte Ergänzungsleistung entspricht der Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen. Mindestens entspricht die EL, je nachdem welcher Beitrag höher ist, der höchsten Prämienverbilligung, die der Kanton für Personen festgelegt hat, die keine Sozialhilfe respektive EL beziehen oder 60 Prozent des Pauschalbetrags für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (Art. 9 Abs. 1 ELG).

Bei Ehegatten und Personen mit rentenberechtigten Waisen oder mit Kindern, die Anspruch auf eine Kinderrente haben werden die anrechenbaren Einnahmen und die anerkannten Ausgaben zusammengerechnet (Art. 9 Abs. 2, Abs. 3 ELG). Bei der EL-Berechnung ist zu unterscheiden zwischen in Heimen lebenden und selbstständig wohnenden Personen.

Als Ausgaben werden z.B.

  • für zu Hause lebende Personen: Pauschaler Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf je nach Wohn- und Familienverhältnissen und Mietzins und Nebenkosten bis zum regional gültigen Höchstbeitrag. Bei Personen, welche in einer eigenen Liegenschaft wohnen wird der Mietwert der Liegenschaft anstelle der Mietzinses berücksichtigt.
  • bei Personen die dauernd oder länger als drei Monate in einem Heim oder Spital leben: Tagestaxe für die Tage, die vom Heim in Rechnung gestellt werden und Betrag für persönliche Auslagen
  • bei allen Personen: Berufsauslagen, Sozialversicherungsbeiträge, Betrag für die obligatorische Krankenpflegeversicherung entsprechend dem jährlichen Pauschalbetrag in der Höhe der kantonalen Durchschnittsprämie, jedoch höchstens die tatsächliche Prämie und familienrechtliche Unterhaltsbeiträge, soweit diese auch geleistet werden.

Gemäss Art. 10 Abs. 2 lit. a ELG können die Kantone die Kosten begrenzen, die wegen des Aufenthaltes in einem Heim oder Spital berücksichtigt werden. Sie haben aber dafür zu sorgen, dass durch den Aufenthalt in einem anerkannten Pflegeheim in der Regel keine Sozialhilfeabhängigkeit begründet wird. Im Kanton Solothurn beschliesst der Regierungsrat gestützt auf § 52 Abs. 1 und § 82 Abs. 2 Bst. b SG die Höchsttaxen für Leistungsvergütung und für die Berechnung der Ergänzungsleistungen. Die entsprechenden Regierungsratsbeschlüsse können auf der Website des Amtes für Gesellschaft und Soziales eingesehen werden.

Die Auszahlung des Betrages für die obligatorische Krankenversicherung an den Krankenversicherer erfolgt direkt durch die Ausgleichkasse des Kanton Solothurn (AKSO) (Art. 21a ELG).

Bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens werden beispielsweise berücksichtigt (vgl. Art. 11 ELG und die Ausführungsbestimmungen der ELV): Renten und Pensionen, Vermögensertrag, Eigenmietwert, familienrechtliche Unterhaltsbeiträge, Ersatzeinkünfte, Einkünfte und Vermögenswerte, auf welche verzichtet worden ist (vgl. Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG, Art. 17a ELV), sowie ein Teil des Vermögens und der Erwerbseinkünfte, nicht aber Verwandtenunterstützungen und Sozialhilfeleistungen. Vom Erwerbseinkommen werden dabei lediglich zwei Drittel angerechnet, soweit das Einkommen einen bestimmten Betrag übersteigt (vgl. Art. 11 Abs. 1 lit. a ELG).

Die Ergänzungsleistungen für Ehepaare, bei denen ein Partner zu Hause wohnt und der andere im Heim lebt, werden gesondert berechnet (Art. 9 Abs. 3 ELG).

2.3.      Krankheits- und Behinderungskosten

Ausgewiesene und nicht schon anderweitig gedeckte Krankheits- und Behinderungskosten können separat vergütet bzw. zurückerstattet werden. Dies betrifft z.B. Auslagen für Zahnbehandlungen, Hauspflege, vorübergehende Aufenthalte in einem Heim oder Spital für bis zu drei Monaten, Diät, Hilfsmittel und Selbstbehalt und Franchise nach KVG.

Vergütet werden im Kanton Solothurn die im Rahmen einer wirtschaftlichen und zweckmässigen Leistungserbringung erforderlichen Ausgaben. Dazu gehören insbesondere Kosten, die im Rahmen obligatorischer Sozialversicherungsleistungen erbracht wurden. Ist die medizinische Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit erwiesen, werden Kosten für die Leistung ausserhalb des Geltungsbereichs der Sozialversicherungen vergütet. Im Kanton Solothurn gelten für die Vergütung von zusätzlichen Krankheits- und Behinderungskosten die Höchstbeiträge nach Art. 14. Abs. 3 ELG.

2.4       Rückerstattung rechtmässig bezogener Leistungen

Mit der EL-Reform per 01. Januar 2021 wurde eine Rückerstattungspflicht bei den Ergänzungsleistungen eingeführt. So sind nach dem Tod der Bezügerin oder des Bezügers die rechtmässig bezogenen Leistungen aus dem Nachlass zurückzuerstatten, sofern dieser 40'000 übersteigt.

2.5.      Organisation und Verfahren

2.5.1.   Zuständigkeit

Zuständig für die Festsetzung und die Auszahlung der Ergänzungsleistung ist der Kanton, in dem die Bezügerin oder der Bezüger Wohnsitz hat (Art. 21 Abs. 1 ELG). Der Wohnsitzkanton bleibt auch bei Eintritt in ein Heim, Spital oder eine andere Einrichtung oder behördlicher Unterbringung in Familienpflege in einem anderen Kanton zuständig (Art. 21 Abs. 1bis ELG). Dasselbe gilt, wenn der Anspruch auf Ergänzungsleistung erst nach dem Eintritt entstanden ist (Art. 21 Abs. 1ter ELG). Begründet eine Person am Standort des Heimes oder der Einrichtung neuen Wohnsitz, ist der Kanton zuständig, in welchem die Person vor Eintritt Wohnsitz hatte (Art. 21 Abs. 1quater ELG).

Im Kanton Solothurn werden die Gesuche um Ergänzungsleistungen von der kantonalen Ausgleichskasse geprüft und ausbezahlt. Die Gemeinden oder Sozialregionen betreiben dezentrale Zweigstellen der kantonalen Ausgleichskasse.

2.5.2.   Anmeldung und Entstehung des Anspruchs

Der Anspruch auf Ergänzungsleistungen muss schriftlich angemeldet werden. Das Anmeldeformular kann bei der kommunalen Zweigstelle bezogen oder online heruntergeladen werden.

Der Anspruch auf Ergänzungsleistungen besteht grundsätzlich erstmals für den Monat, in welchem die Anmeldung eingereicht worden ist und sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Wird die Anmeldung für eine jährliche Ergänzungsleistung innert sechs Monaten seit der Zustellung der Verfügung über eine Rente der AHV oder der IV eingereicht, so beginnt der Anspruch mit dem Monat der Anmeldung für die Rente, frühestens jedoch mit der Rentenberechtigung.

Wird die Anmeldung innert sechs Monaten nach einem Heim- oder Spitaleintritt eingereicht, so besteht der Anspruch ab Beginn des Monats des Heim- oder Spitaleintritts, sofern sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 12 ELG).

3. Meldepflichten

Von jeder Änderung der persönlichen und von jeder ins Gewicht fallenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der anspruchsberechtigten Person hat diese, ihre gesetzliche Vertretung oder gegebenenfalls die Drittperson oder die Behörde, welcher eine Ergänzungsleistung ausbezahlt wird, der kantonalen Durchführungsstelle unverzüglich Mitteilung zu machen. Diese Meldepflicht erstreckt sich auch auf Veränderungen, welche bei an der Ergänzungsleistung beteiligten Familiengliedern der anspruchsberechtigten Person eintreten (Art. 24 ELV, vgl. auch Art. 31 ATSG).

Zu meldende Änderungen sind beispielsweise Veränderungen der Einkommens- und Vermögenssituation, Wohnortswechsel, Änderung der Anzahl Mitbewohner, Wechsel des Zivilstandes, Änderung der Pflegestufe bei Heimbewohnern etc.

4. Nachzahlung an bevorschussende Dritte

Hat eine private oder eine öffentliche Fürsorgestelle einer Person im Hinblick auf Ergänzungsleistungen Vorschussleistungen für den Lebensunterhalt während einer Zeitspanne gewährt, für die rückwirkend Ergänzungsleistungen ausgerichtet werden, so kann ihr bei der Nachzahlung dieser Vorschuss direkt vergütet werden (Art. 22 Abs. 4 ELV).

5. Auswirkungen der EU/EFTA-Übereinkommen

Das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft (FZA, SR 0.142.112.681) und das Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA, SR 0.632.31) koordinieren die Sozialversicherungssysteme der beteiligten Länder. Die wesentlichen Grundsätze der Abkommen sind die Gleichbehandlung der EU/EFTA-Bürger mit den schweizerischen Staatsangehörigen und die Sicherung von erworbenen Ansprüchen gegenüber den Sozialversicherungen bei der Aufnahme einer Arbeitstätigkeit in einem anderen Land.

Ein wichtiges Koordinationsprinzip ist der Grundsatz der Zusammenrechnung der Zeiten, d.h. bei der Prüfung eines Leistungsanspruches sind nicht nur die in der Schweiz, sondern auch die in einem EU-/EFTA-Staat zurückgelegten Zeiten zu berücksichtigen. Bei den Karenzfristen (Art. 5 ELG, § 13 ZLG) sind also die in den EU/EFTA-Staaten verbrachten Wohnzeiten so anzurechnen, wie wenn sie in der Schweiz bzw. im Kanton Solothurn zurückgelegt worden wären.

Ein weiteres Koordinationsprinzip ist die grundsätzliche Exportpflicht von Sozialversicherungsleistungen, d.h. Leistungen der Sozialversicherungen müssen grundsätzlich auch ausgerichtet werden, wenn die anspruchsberechtigte Person ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt. Von der Exportpflicht ausgenommen sind jedoch die so genannten beitragsunabhängigen Sonderleistungen. Dazu gehören unter anderem Ergänzungsleistungen. Diese gelangen daher nur zur Auszahlung, wenn die versicherte Person in der Schweiz wohnt.

Nähere Informationen zu den erwähnten Abkommen und deren Auswirkungen auf die einzelnen Sozialversicherungen finden sich auf der Homepage des Bundesamtes für Sozialversicherungen.

 

Sonderregelungen Asyl

Ausländerinnen und Ausländer müssen sich unmittelbar vor dem Zeitpunkt, ab dem die Ergänzungsleistung verlangt wird, während zehn Jahren ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten haben (Karenzfrist). Für Flüchtlinge und staatenlose Personen beträgt die Karenzfrist fünf Jahre (Art. 5 Abs. 1 und 2 ELG). Die Karenzfrist beginnt mit dem Rückkehr in die Schweiz neu zu laufen, falls sich ein Ausländer oder eine Ausländerin ununterbrochen während mehr als drei Monaten oder in einem Kalenderjahr insgesamt mehr als drei Monate im Ausland aufhält (Art. 5 Abs. 5 ELG). Besteht einer der oben erwähnten wichtigen Gründe wird die Karenzfrist erst nach dem 365. Tag im Ausland unterbrochen (Art. 1b ELV). Zu beachten sind im Zusammenhang mit den Karenzfristen die Sozialversicherungsabkommen der Schweiz (vgl. nachfolgend Ziff. 5). Bei Ausländerinnen und Ausländer, die weder Flüchtlinge noch staatenlos sind und keine ausserordentlichen Renten wegen Sozialversicherungsabkommen erhalten, entsteht der Anspruch auf EL bei erfüllter Karenzfrist nicht durch das Erfüllen der Mindestbeitragsdauer der AHV und IV (Art. 5 Abs. 4 ELG).

Ausländerinnen und Ausländer mit Anspruch auf ausserordentliche Renten der AHV und IV nach Art. 5 Abs. 3 ELG haben, solange sie die Karenzfrist nach Art. 5 Abs. 1 nicht erfüllt haben, höchstens Anspruch auf eine jährliche Ergänzungsleistung in der Höhe des Mindestbetrages der entsprechenden ordentlichen Vollrente.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU/EFTA.

Personen mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz haben Anspruch auf Ergänzungsleistungen, wenn sie die Mindestbeitragszeit nach Art. 29 Abs. 1 AHVG erfüllen würden und die Karenzfrist erfüllt haben.

Praxishilfen

Weitergehende Informationen zum Thema Ergänzungsleistungen finden sich unter:

https://akso.ch/produkte/ergaenzungsleistungen-el/